21.11.2024
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Dokument-Nr. 15762

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Urteil30.04.2013Verwaltungsgericht Hannover7 A 498/13 und 7 A 2097/13
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Verwaltungsgericht Hannover Urteil30.04.2013

250 m-Bannmeile für ambulante Straßenhändler rechtswidrigSperrung ganzer Stadtbereiche für so genannte Pingler zulässig

Eine Regelung in der Sonder­nut­zungs­er­laubnis für ambulante Straßenhändler (so genannte Pingler), die vorsieht, dass die Erlaub­nis­inhaber zu festgesetzten Märkten (Wochen-, Weihnachts- und Sondermärkten), Schulstandorten sowie zu großen Veranstaltungen einen Mindestabstand von 250 m Luftlinie zu wahren haben, ist rechtswidrig. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Hannover.

Ambulanter Straßenhandel (Pingeln) ist der Handel, welcher im Umherziehen und Umherfahren zu Fuß, auf dem Fahrrad oder per Kraftfahrzeug ausgeübt wird, wobei das Verweilen an einer Stelle lediglich der Bedienung vorhandener Kunden dienen darf.

Sonder­nut­zungs­er­laubnis gibt für Händler Mindestabstand von 250 m Luftlinie zu Märkten, Schulstandorten und Großver­an­stal­tungen vor

Der Kläger in dem Verfahren 7 A 498/13 betreibt Straßenhandel mit Getränken, Lebensmitteln und Süßwaren, der Kläger in dem Verfahren 7 A 2097/13 mit Fanartikeln und Getränken. Beiden erteilte die beklagte Landes­hauptstadt Hannover für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2013 die erforderliche Sondernutzungserlaubnis. Die Erlaubnisse gelten für das gesamte Stadtgebiet der Beklagten außerhalb der Innenstadt und mit Ausnahme der Lister Meile und der Fußgängerzone der Limmer Straße. Der Bereich der Innenstadt, in dem das Pingeln nicht erlaubt ist, ist durch eine Anlage zu jedem Bescheid zeichnerisch dargestellt. Sie umfasst unter anderem den Bereich um das Landes- und das Sprengel-Museum sowie die Bruch­meis­te­rallee und die Waterloostraße. Den Erlaubnissen ist unter anderem die Auflage beigefügt, nach der die Erlaub­nis­inhaber zu den festgesetzten Märkten (Wochen-, Weihnachts- und Sondermärkten), Schulstandorten sowie zu großen Veranstaltungen, welche durch mehr als 1.000 Besucher gekennzeichnet sind, einen Mindestabstand von 250 m Luftlinie zu wahren haben. Mit dieser Regelung hat die Stadtverwaltung den Wortlaut einer Bestimmung ihrer Sonder­nut­zungs­satzung in diese Bescheide übernommen und um die Schulstandorte erweitert.

250 m-Bannmeile zur Abgrenzung zwischen verschiedenen Sondernutzungen des Straßenraums nicht notwendig

Die Klage gegen diese 250 m-Sperrzone hatte vor dem Verwal­tungs­gericht Hannover Erfolg. Diese Bestimmung ist nach Auffassung des Gerichts straßen­rechtlich unzulässig, soweit mit ihr nach dem Willen der Landes­hauptstadt der Schutz der Veranstaltungs- und Marktteilnehmer vor Konkurrenz durch die Pingler bewirkt werden soll. Im Übrigen ist die Regelung in diesem Umfang auch nicht erforderlich und erweist sich darüber hinaus als unver­hält­nismäßig. Zur Wahrung einer Abgrenzung zwischen verschiedenen Sondernutzungen des Straßenraums ist keine 250 m -Bannmeile notwendig.

Stadt muss ambulantem Straßenhandel im Innen­stadt­bereich nicht zustimmen

Die Kläger können jedoch nicht beanspruchen, dass ihnen die Stadt den ambulanten Straßenhandel auch in dem durch ihre Satzung geschützten Innen­stadt­bereich erlaubt. Es ist höchst­rich­terlich geklärt, dass weder das Grundgesetz noch das Straßenrecht einen - unein­ge­schränkten bzw. nicht einschränkbaren - Anspruch des Straßenhändlers auf Sondernutzung aller Straßen einer Stadt zum ambulanten Handel vermittelt. Vielmehr steht es im Ermessen der Landes­hauptstadt, bestimmte Bereiche für das Pingeln zu sperren. Die Erwägungen der Landes­hauptstadt, dass die städtebauliche Besonderheit der Gartendenkmale bzw. des Ensembles Rathaus, Maschpark, Landesmuseum sowie Sprengel-Museum schützenswert seien und dieses Erschei­nungsbild im Zusammenhang insbesondere mit Großver­an­stal­tungen in der AWD-Arena durch einen unattraktiven ambulanten Handel (überwiegend Alkoholverkauf) im Bereich des Landesmuseums sowie des Sprengel-Museums stark beeinträchtigt werde, tragen nach Auffassung des Gerichts das Pingel-Verbot. Die gleichen Erwägungen gelten für den Bereich Bruch­meis­te­rallee und Waterloostraße mit dem Justiz­mi­nis­terium, der Finanzbehörden sowie dem Polizei­prä­sidium, der Landes­bi­bliothek und der Internationalen Schule.

Soweit den Klagen stattgegeben worden ist, hat die Kammer die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zum Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­gericht zugelassen.

Quelle: Verwaltungsgericht Hannover/ra-online

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