14.11.2024
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Verwaltungsgericht Hannover Beschluss03.08.2012

Kundgebung darf wegen unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auf stationäre Veranstaltung beschränkt werdenVerwal­tungs­gericht Hannover entscheidet über Eilantrag zu Kundgebung in Hannover und Eilantrag der Grünen Jugend zu Kundgebung in Bad Nenndorf

Droht bei einer angemeldeten Durchführung einer sich fortbewegenden Versammlung eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, ist die Beschränkung einer solchen Versammlung auf eine nur stationäre Kundgebung gerechtfertigt. Ein zusätzliches Verbot zur Verwendung von Fackeln ist zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung jedoch nicht erforderlich. Dagegen ist die komplette Verlegung eines Kundge­bungsortes rechtmäßig, wenn sie der Abwehr einer unmittelbaren Gefahr dient. Dies geht aus Entscheidungen des Verwal­tungs­ge­richts Hannover hervor.

Im dem einen zugrunde liegenden Streitfall hatte der Anmelder einer Veranstaltung in Hannover (Az.: 10 B 4682/12) mit seinem Antrag zumindest insoweit Erfolg, als er sich gegen das Verbot wendet, Fackeln zu verwenden. Soweit er sich dagegen wendet, dass ihm statt eines Aufzuges nördlich des Hauptbahnhofes lediglich eine stationäre Kundgebung auf einem Parkplatz Rundestraße/Lister Meile erlaubt wird, bleibt der Antrag ohne Erfolg.

Versammlung des Antragstellers beinhaltet erhebliches Gewaltpotential, das deutliche Polizeipräsenz erfordert

Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtes Hannover ist die versamm­lungs­rechtliche Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung gerechtfertigt, um eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß § 8 Abs. 1 des Nieder­säch­sischen Versamm­lungs­ge­setzes (NVersG) abzuwehren, die bei Durchführung einer sich fortbewegenden Versammlung drohen würde. Es sei damit zu rechnen, dass deutlich mehr als die vom Antragsteller angenommenen 200 Personen an der Versammlung teilnehmen werden. Unter den Teilnehmern würden sich aller Voraussicht nach auch Autonome Nationalisten in nicht unerheblicher Zahl befinden, die sich durch eine signifikant höhere Gewalt­be­reit­schaft gegenüber der Polizei und dem politischen Gegner auszeichneten. Damit stelle die Versammlung des Antragstellers ein erhebliches Gewaltpotential dar, das eine deutliche Polizeipräsenz erfordere. Hinzu komme eine massive Mobilisierung für Gegenaktionen. Die Polizei­di­rektion habe in - jedenfalls für das vorläufige Rechts­schutz­ver­fahren - hinreichend plausibler Weise dargelegt, dass sie für einen wirksamen Schutz der vom Antragsteller angestrebten Versammlung zumindest 15 Hundertschaften benötige, die ihr gerade im Hinblick auf die Veranstaltung in Bad Nenndorf nicht zur Verfügung stünden. Es stünden nach den Darlegungen der Polizei­di­rektion allenfalls neun Hundertschaften für einen Einsatz in Hannover zur Verfügung. Bei der vom Gericht zu treffenden Inter­es­se­n­ab­wägung sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller sein Anliegen trotz der ihm auferlegten Einschränkung öffent­lich­keits­wirksam darstellen könne.

Fackeln verfügen über kein spezifisch natio­nal­so­zi­a­lis­tisches Symbolgehalt

Das Verbot, Fackeln zu verwenden, sei nicht zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich. Allein die objektive Eignung von Fackeln als Waffen rechtfertige die Einschränkung nicht, wenn es nicht auch Anhaltspunkte für eine Missbrauchs­absicht gebe, an denen es fehle. Auch § 3 Abs. 3 NVersG rechtfertige das Verbot nicht. Danach sei es verboten, in einer Versammlung durch das Tragen von Uniformen oder Uniformteilen oder sonst in einer Art und Weise aufzutreten, die dazu geeignet und bestimmt sei, im Zusammenwirken mit anderen teilnehmenden Personen den Eindruck von Gewalt­be­reit­schaft zu vermitteln. Durch die Verwendung von Fackeln allein könne nicht der Eindruck eines parami­li­tä­rischen Aufzuges vermittelt werden. Hinzukommen müssten vielmehr andere Begleitumstände wie die Verwendung von Trommeln und Fahnen, Tragen bestimmter Kleidungsstücke, Marschieren im Block u.ä. Dem Entstehen eines derart einschüch­ternden Eindrucks wirke die Antragsgegnerin durch die Auferlegung zahlreicher - vom Antragsteller nicht angegriffener - Beschränkungen entgegen. Eine Untersagung der Verwendung von Fackeln wegen ihres Symbolgehalts zum Schutz der öffentlichen Ordnung scheide schon deshalb aus, weil ihnen ein spezifisch natio­nal­so­zi­a­lis­tischer Symbolgehalt nicht zugeordnet werden könne.

Den Eilantrag der "Grünen Jugend Niedersachsen" (Az.: 10 B 4686/12) hat das Verwal­tungs­gericht Hannover abgelehnt. Die Antragsteller wenden sich gegen die Verlegung des Kundge­bungsortes von "Kreisverkehr Ecke Horsterstraße/Horster Feld" nach "nördlich des Hauses Kassel an der Kreuzung Kurhausstraße/Hauptstraße (westlicher Zugang in der Fußgängerzone".

Verlegung des Kundge­bungsortes zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr rechtmäßig

Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtes Hannover ist die Verlegung des Kundge­bungsortes rechtmäßig, weil sie der Abwehr einer unmittelbaren Gefahr geschuldet ist. Nach der Gefah­ren­prognose der Polizei und den Ankündigungen der Veranstalter sei zu erwarten, dass aus der Versammlung versucht werde, den am gleichen Tag angemeldeten "Trauermarsch" zu blockieren. Solche Blockaden verstießen gegen das Versamm­lungs­gesetz und stellten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Darüber hinaus bestehe die Gefahr gewalttätiger Übergriffe beim Aufein­an­der­treffen der Teilnehmer beider Versammlungen. Diesen Gefahren lasse sich mit der Verlegung des Kundge­bungsortes begegnen.

Quelle: Verwaltungsgericht Hannover/ra-online

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