02.12.2024
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Dokument-Nr. 33355

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Verwaltungsgericht Hannover Urteil10.10.2023

Video­über­wachung des Weihnachts­marktes 2022 in Hannover war rechtmäßigErhöhte Gefahr für Straftaten und Ordnungs­widrigkeiten im Rahmen des inner­städ­tischen Weihnachts­marktes gegeben

Video­über­wachung des Weihnachts­marktes 2022 in Hannover war rechtmäßig. Das hat das Verwal­tungs­gericht Hannover entschieden und eine Klage gegen die Video­über­wachung des Weihnachts­marktes abgewiesen.

Vom 22. November bis zum 22. Dezember 2022 fand in der Innenstadt von Hannover ein Weihnachtsmarkt statt. Unter dem 28. Oktober 2022 beantragte die Polizei­in­spektion Besondere Dienste die Videoüberwachung des Weihnachts­marktes gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 NPOG. Der Weihnachtsmarkt führe zu einem erhöhten Besucherandrang, weshalb mit einem Anstieg der Alltags­kri­mi­nalität und Gefahren begründender Verhal­tens­weisen (u.a. aggressives, stark belästigendes Betteln, Störung durch übermäßig alkoholisierte Personen, Verstößen gegen Ordnungsnormen, unerlaubte Sondernutzung) zu rechnen sei. Zudem seien Weihnachts­märkte seit dem Anschlag auf den Breit­scheidplatz in Berlin verstärkt in den Fokus im Zusammenhang mit terroristischer Bedrohung gerückt. Mit Verfügung vom 14. November 2022 ordnete die Polizei­di­rektion Hannover die Video­über­wachung an. Die Bildübertragung mit entsprechender Aufzeich­nungs­technik erfolgte durch vier fest installierte Video­über­wa­chungs­anlagen für die Bereiche Am Markte, Hanns-Lilje-Platz, Platz der Weltausstellung sowie Ballhofplatz. Maßgeblich gestützt wurde die Anordnung auf die entsprechende Datenschutz-Folgenabwägung vom 17. November 2022. Auf die Video­über­wachung wurde vor Ort und auf der Webseite der Polizei­di­rektion hingewiesen. Am 12. Dezember 2022 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, es fehle an einer statisch belegbaren Analyse, nach der im Erfas­sungs­bereich der Kameras mehr Straftaten als in nicht­über­wachten Bereichen begangen würden. Zudem sei fraglich, warum nicht andere Weihnachts­märkte in Hannover videoüberwacht werden. Auch könne ein terroristischer Anschlag nicht durch eine Video­über­wachung verhindert werden. Schließlich sei die Hinweis­be­schil­derung unzureichend. Der vom Kläger am 15. Dezember 2022 eingelegte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde von der 10. Kammer abgelehnt.

Video­über­wachung zur Verhütung von Straftaten oder Ordnungs­wid­rig­keiten erforderlich

Das VG hat entschieden, dass die Feststel­lungsklage zulässig, jedoch unbegründet ist. Aufgrund der Beendigung des Weihnachts­marktes kann der Kläger zwar keine Unterlassung der Video­über­wachung mehr erreichen, jedoch ist seine Feststel­lungsklage gerichtet auf Feststellung der Rechts­wid­rigkeit der Video­über­wachung aufgrund einer möglichen Wieder­ho­lungs­gefahr zulässig. Damit hat er ein Feststel­lungs­in­teresse ausreichend geltend gemacht. Die Klage ist indes unbegründet. Zwar hat die Video­über­wachung in sein Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung eingegriffen. Die Video­über­wachung ist vorliegend durch das Nieder­säch­sische Polizei- und Ordnungs­be­hör­den­gesetz (NPOG) gerechtfertigt. Die Rechtsgrundlage des § 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 NPOG steht mit dem Grundgesetz im Einklang. Hierzu wird auf das Urteil des Nieder­säch­sischen OVG vom 6. Oktober 2020 verwiesen. Die Beklagte hat Auswertungen der polizeilichen Krimi­nal­sta­tistik vorgelegt, aus denen sich eine erhöhte Gefahr für Straftaten und Ordnungs­wid­rig­keiten im Rahmen des inner­städ­tischen Weihnachts­marktes ergibt. Die Beklagte hat zunächst alle Straftaten und Ordnungs­wid­rig­keiten in dem Bereich für die Jahre 2015 bis 2021 erfasst. Anschließend hat sie diese Vorkommnisse nochmals danach gefiltert, ob sie in Verbindung mit der Veranstaltung "Weihnachtsmarkt" stehen. Darüber hinaus besteht zumindest die abstrakte Gefahr eines terroristischen Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in der Innenstadt in Hannover als besonderer Anziehungspunkt für Besucher. Der Weihnachtsmarkt hat aufgrund seiner Symbol­träch­tigkeit und Bekanntheit eine besondere Lage. Dabei verhindert die Überwachung u.U. nicht den terroristischen Anschlag an sich; Vorfeldak­ti­vitäten u.a. könnten aber entdeckt werden.

Einsatz von Polizeibeamten kein milderes Mittel

Der Einsatz von Polizeibeamten statt einer Video­über­wachung ist zudem kein milderes Mittel. Zum einen ist bereits zweifelhaft, dass die Steigerung der Polizeipräsenz in einem solchen Maße überhaupt möglich wäre. Zum anderen wäre der Einsatz weniger effektiv aufgrund der zahlreichen hier genutzten technischen Möglichkeiten, u.a. des Zoomens und des Aufzeichnens. Die Video­über­wachung des inner­städ­tischen Weihnachts­marktes ist für die betroffenen Besucher auch hinreichend erkennbar. Zwar sind die Kameras sehr hoch angebracht und damit außerhalb des Sichtfeldes der den Weihnachtsmarkt betretenen Personen; die Beklagte hat aber hinreichende Hinweisschilder angebracht, die es Besuchern ermöglichen, von der Video­über­wachung Kenntnis zu erlangen. Zudem hat die Beklagte die Video­über­wachung durch eine Presse­mit­teilung publik gemacht. Auf ihrer Webseite konnten sogar die Standorte der Videokameras eingesehen werden.

Polizei prüft Video­über­wachung für 2023

In Bezug auf den Weihnachtsmarkt 2023 hat die Polizei­di­rektion in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass eine Video­über­wachung in Prüfung sei. Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­gericht in Lüneburg beantragt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Hannover, ra-online (pm/ab)

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