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Verwaltungsgericht Göttingen Urteil21.06.2022

Nach Sprachassistent benanntes Mädchen darf Vornamen ändernSeelische Belastung stellt wichtigen Grund für die Namensänderung dar

Das Verwal­tungs­gericht Göttingen hat entschieden, dass eine Klägerin, deren Vorname mit dem Namen eines bekannten Sprachas­sis­tenten identisch ist, einen Anspruch auf Änderung ihres Vornamens hat.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin begehrte die Änderung ihres Namens durch Hinzufügen eines zweiten Vornamens. Dies begründeten die Eltern der Klägerin damit, dass ihre Tochter aufgrund der Namensidentität ihres Vornamens mit dem Namen eines bekannten Sprachas­sis­tenten erheblich unter Mobbing und Hänseleien leide. Immer wieder würden andere Personen der Klägerin Befehle erteilen, da der Name sofort mit dem Namen des Sprachas­sis­tenten in Verbindung gebracht werde. Dies verunsichere und belaste die Klägerin seelisch sehr.

Stadt sieht keine seelische Belastung für das Kind

Die beklagte Stadt hielt dagegen, dass ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht vorliege. Die seelische Belastung der Klägerin sei nicht durch ärztliche oder psychologische Gutachten belegt. Der Namen­s­än­de­rungs­wunsch beruhe vielmehr auf nachträglicher Reue der Eltern an der früheren Namensgebung und auf Mobbing­be­fürch­tungen. Ein Produktname könne nicht automatisch zu einem Anspruch der vielen Inhaber gleichlautender Vornamen auf Namensänderung führen. Insgesamt könne quasi jeder Name mit einiger Fantasie ins Lächerliche gezogen werden.

VG erkennt seelische Belastung als wichtigen Grund an

Nach Überzeugung des VG stellt die seelische Belastung der Klägerin ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG darstelle. In der Rechtsprechung sei bereits geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung dann vorliege, wenn die privaten Interessen an der Namensänderung die öffentlichen Interessen an der Namens­bei­be­haltung überwiegen. Auch eine seelische Belastung könne als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berück­sich­tigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehr­s­auf­fassung verständlich und begründet sei. Dabei müsse die seelische Belastung nicht den Grad einer behand­lungs­be­dürftigen Krankheit erreicht haben. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall vor. Die Eltern hätten in der mündlichen Verhandlung zahlreiche Vorfälle beschrieben, bei welchen die Klägerin aufgrund ihres Vornamens belästigt worden sei. Dabei sei nachvollziehbar, dass es aufgrund dieser Vorfälle zu einer seelischen Belastung gekommen sei, der die Klägerin aufgrund ihres jungen Alters nichts entgegensetzen könne. Insgesamt sei zu erwarten, dass die Hänseleien auch in Zukunft weiter andauern würden.

Name in besonders herausragenden Maße missbrauchs­ge­eignet

Die Bekanntheit des Sprachas­sis­tenten und die Tatsache, dass es sich bei dem Namen des Sprachas­sis­tenten nicht nur um eine reine Produkt­be­zeichnung handele, sondern um das "Schlüsselwort" zur Nutzung des Geräts, führten dazu, dass der Name des Sprachas­sis­tenten in einem besonders herausragenden Maße missbrauchs­ge­eignet sei. Hier gehe es um ein Gerät, dem durch die Voranstellung des Produktnamens Befehle erteilt werden würden. Der Name sei nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lade vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen. Da der Familienname im weitergehenden Umfang als Unterscheidungs- und Zuord­nungs­merkmal diene als der Vorname, komme den öffentlichen Interessen bei der Änderung des Vornamens im Vergleich zu der Änderung eines Familiennamens ein geringeres Gewicht zu. Die Klägerin habe im Vorschulalter bisher nicht erheblich am Rechtsverkehr teilgenommen. Außerdem bleibe durch die Hinzufügung lediglich eines zweiten Vornamens ein gewisser "Widerer­ken­nungswert" beim Namen der Klägerin erhalten. Gegen die Entscheidung kann die Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Nds. Oberver­wal­tungs­gericht in Lüneburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Quelle: Verwaltungsgericht Göttingen, ra-online (pm/ab)

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