23.11.2024
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Verwaltungsgericht Gießen Beschluss18.06.2018

Widerruf der Waffenerlaubnis für "Reichsbürger" gerechtfertigtPersonen der "Reichs­bürger­bewegung" dürfen grundsätzlich als waffenrechtlich unzuverlässig angesehen werden

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat die sofortige Vollziehung einer Verfügung der Landrätin des Landkreises Marburg-Biedenkopf bestätigt, mit dem die Behörde waffen­rechtliche Erlaubnisse wegen Unzuver­läs­sigkeit widerrufen hatte.

Im zugrunde liegenden Verfahren hatte die Waffenbehörde die Unzuver­läs­sigkeit des Antragstellers damit begründet, dass Erkenntnisse vorlägen, die den Schluss zuließen, dass der Antragsteller sich nicht als Bürger der Bundesrepublik Deutschland verstehe, sondern als "Reichsbürger".

An Sicherheit grenzende Wahrschein­lichkeit für Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht erforderlich

Das Verwal­tungs­gericht Gießen, das im vorläufigen Rechtsschutz die Erfolgs­aus­sichten einer Klage nur summarisch prüft, bestätigte die Auffassung der Waffenbehörde, dass es hinreichende Anhaltspunkte für die waffen­rechtliche Unzuver­läs­sigkeit des Antragstellers gibt. In Anbetracht der Intention des Waffengesetzes, den erheblichen Gefahren vorzubeugen, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgingen, sei keine an Sicherheit grenzende Wahrschein­lichkeit für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erforderlich. Es genüge vielmehr eine auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung, bei der kein Restrisiko hingenommen werden müsse. Der Umgang mit Waffen dürfe nur Personen erlaubt werde, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienten, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen.

Regelungen des Waffengesetzes wird von "Reichsbürgern" voraussichtlich nicht strikt befolgt

Personen, die der so genannten "Reichs­bür­ger­be­wegung" zugehörig seien oder deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, seien laut Gericht grundsätzlich als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen. Wer der Ideologie der Reichs­bür­ger­be­wegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiere und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkenne, gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen werde. Dabei stützte sich das Gericht auf Berichte des Verfas­sungs­schutzes von Bund und Land, wonach "Reichsbürger" aus unter­schied­lichen Motiven die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugneten und deren Rechtssystem ablehnten. Sie beriefen sich etwa auf das historische Deutsche Reich, auf verschwö­rungs­the­o­re­tische Argumen­ta­ti­o­ns­muster oder auf ein selbst definiertes Naturrecht. Sie bestritten die Legitimation der demokratisch gewählten Repräsentanten oder definierten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend und seien deshalb häufig bereit, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen.

Der Antragsteller habe mehrfach ein für "Reichsbürger" typisches Verhalten an den Tag gelegt, was die Annahme rechtfertige, er stehe dieser Gruppe bzw. ihrer Ideologie zumindest nahe.

Auszug aus § 5 Waffengesetz

§ 5 Zuverlässigkeit

Erläuterungen

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1. [...]

2. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie

a) Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,

b) mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,

c) Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. [...]

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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