18.10.2024
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Verwaltungsgericht Gießen Urteil09.05.2018

Verpflichtungs­erklärungen von Flücht­lingspaten erstrecken sich auch auf Zeit nach Erhalt der Aufenthalts­erlaubnisKosten­übernahme­pflicht betrifft nicht Kranken- und Pflege­ver­si­cherung der Ausländer

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat entschieden, dass sich die Verpflichtungs­erklärungen von Flücht­lingspaten, die für den Aufenthalt zu humanitären Zwecken bestimmt waren, auch auf den Zeitraum erstreckten, für den die Ausländer nach der Flüchtlings­anerkennung eine Aufenthalts­erlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erhalten.

Die sechs Kläger des zugrunde liegenden Falls hatten sich für mehrere Personen mit formularmäßigen Verpflich­tungs­er­klä­rungen gegenüber den Auslän­der­be­hörden verpflichtet, für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge nach deren Einreise in die Bundesrepublik aufzukommen. Grundlage der Einreise war eine Aufnah­me­a­n­ordnung des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport, mit der gestützt auf § 23 Abs. 1 AufenthG die Einreise von syrischen Flüchtlingen zu ihren in Hessen lebenden Verwandten ermöglicht werden sollte.

Umfang der Verpflich­tungs­er­klä­rungen streitig

Das Jobcenter Gießen nahm die Kläger für die Kosten in Anspruch, die dadurch entstanden sind, dass die betreffenden Flüchtlinge nach Abschluss der Asylverfahren, die durchweg mit der Flüchtlingsanerkennung endeten, Leistungen nach dem SGB II erhalten haben. Die Höhe der Inanspruchnahme der Flücht­lingspaten beläuft sich je nach der Länge des Zeitraums, für den Kosten gelten gemacht wurden, und der Zahl der Personen, für die sich die Kläger verbürgt haben, auf Beträge von insgesamt 2.000 Euro bis über 10.000 Euro. Die Bescheide erstreckten sich alle nicht auf den gesamten Zeitraum, der von den Verpflich­tungs­er­klä­rungen erfasst ist. Streitig war zwischen den Flücht­lingspaten und dem Jobcenter vor allem, ob die Verpflich­tungs­er­klä­rungen sich auch auf die nach der Flücht­lings­a­n­er­kennung entstandenen Kosten beziehen und ob nach der Flücht­lings­a­n­er­kennung ein anderer Aufent­haltszweck vorliegt, für den die Verpflich­tungs­er­klä­rungen nicht abgegeben waren.

Verpflich­tungs­er­klä­rungen erstreckt sich allein auf Aufent­haltszweck und nicht auf Zeitraum der Geltungsdauer der Aufent­halt­s­er­laubnis

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung den Klagen jeweils nur zu einem geringen Teil stattgegeben, nämlich soweit das Job-Center auch die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung verlangt hat. In allen Fällen erstreckten sich die Verpflich­tungs­er­klä­rungen trotz kleinerer Unterschiede im Wortlaut nach Auffassung des Gerichts allein auf den Aufent­haltszweck und nicht auf den Zeitraum der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Sowohl die zunächst erteilte Aufent­halt­s­er­laubnis aufgrund der Aufnah­me­a­n­ordnung des Landes Hessen als auch die Aufent­halt­s­er­laubnis nach der Flücht­lings­a­n­er­kennung dienten aber demselben Zweck, nämlich humanitären Gründen. Damit folgt das Gericht weiterhin der Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts. Daher erstreckten sich die Verpflich­tungs­er­klä­rungen, die für den Aufenthalt zu humanitären Zwecken bestimmt waren, auch auf den Zeitraum, für den die Ausländer nach der Flücht­lings­a­n­er­kennung eine Aufent­halt­s­er­laubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erhalten hatten, die nach dem Aufent­halts­gesetz auch aus humanitären Gründen erteilt wird.

Kosten für die Kranken- und Pflege­ver­si­cherung der Ausländer werden nicht berücksichtigt

Das Verwal­tungs­gericht hat jedoch die Koste­n­an­for­de­rungen insoweit aufgehoben, soweit auch Kosten für die Kranken- und Pflege­ver­si­cherung der Ausländer geltend gemacht wurden. Diese Kosten seien nach der maßgeblichen Fassung der Aufnah­me­a­n­ordnung des Landes Hessen ausdrücklich von den zu erstattenden Kosten ausgenommen worden. Der Anteil dieser Kosten lag bei den Klagen zwischen 12 % und 30 %. Die in einem Fall erklärte Anfechtung der Verpflichtungserklärung war nach Prüfung des Gerichts nicht wirksam, so dass der Kläger an seine Erklärung weiter gebunden war. Auch dafür, dass in den überwiegend abgewiesenen Klagen fehlerhafte Auskünfte der Behörde vor Abgabe der Verpflich­tungs­er­klä­rungen erteilt worden waren, wie in einem Fall geltend gemacht wurde, gab es keine Nachweise, so das Gericht.

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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