21.11.2024
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Sie sehen einen Schreibtisch mit verschiedenen Schreibutensilien, sowie einen Holzstempel auf einem Stempelkissen.

Dokument-Nr. 30662

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Verwaltungsgericht Gießen Urteil04.08.2021

Klage eines Polizei­an­wärters auf Übernahme in den Polizeidienst und Ernennung zum Beamten auf Probe bleibt ohne ErfolgKeine Übernahme in Polizeidienst nach Teilnahme an rechten Chats

Das Verwal­tungs­gericht Gießen die Klage eines Polizei­an­wärters abgewiesen, mit der dieser begehrte, das Land Hessen zu verpflichten, ihn zum Beamten auf Probe im gehobenen Polizei­vollzugs­dienst zu ernennen.

Der Kläger absolvierte als Beamter auf Widerruf die Ausbildung zum Polizei­kom­missar an der Hessischen Polizeiakademie. Die Polizeiakademie Hessen lehnte den Antrag des Klägers auf Ernennung zum Beamten auf Probe ab, da durchgreifende Zweifel an seiner charakterlichen Eignung bestünden. Hintergrund für diese Entscheidung sei eine Beteiligung des Klägers an einer Chat-Gruppe von Polizei­an­wärtern, in der u.a. Bilder und Dateien mit rassistischem und menschen­ver­ach­tendem Inhalt versendet worden seien. Der Kläger selbst hatte außerhalb seiner Dienstzeit ohne Kommentierung eine Bilddatei versendet, die das aus den Großbuchstaben H und K bestehende Firmenlogo von Heckler & Koch in roter Schrift auf schwarzem Hintergrund mit dem Text „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“ in weißer Schrift auf ebenfalls schwarzen Hintergrund abbildet und in der eine Nahaufnahme eines Zielfernrohrs einer Waffe zu sehen ist, welches auf das Gesicht einer männlichen Person mit langem Bart gerichtet ist.

Land Hessen: Versendetes Bild rassistisch und menschen­ver­achtend

Das beklagte Land Hessen vertrat die Auffassung, das von dem Kläger in die Gruppe übersandte Bild sei rassistisch und menschen­ver­achtend, da die dort abgebildete Person aufgrund ihres äußeren Erschei­nungs­bildes offensichtlich muslimischen Glaubens sei und durch das Zusammenspiel aus dem Logo eines Waffen­her­stellers, der Perspektive einer Zielvorrichtung und der im allgemeinen Sprachgebrauch positiv konnotierten Redewendung „Der Mensch steht im Mittelpunkt“ der Eindruck erweckt werde, dass das Töten von Menschen islamischen Glaubens mittels Schusswaffen legitim sei. Eine Berufung des Klägers in das Beamten­ver­hältnis auf Probe würde zu einem erheblichen Ansehensverlust für die Polizei in Hessen führen und könnte dem Eindruck Vorschub leisten, die hessische Landespolizei dulde in ihren Reihen eine fremden­feindliche und menschen­ver­achtende Gesinnung. Die aufgefundenen Dateien könnten nicht als geschmacklose Witze abgetan werden. Es liege ein schwerwiegender Verstoß gegen die Treuepflicht vor. Ein Polizeibeamter habe es im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft zu vermeiden, dass er durch sein außer­dienst­liches Verhalten in vorhersehbarer und ihm daher zurechenbarer Weise den Anschein setze, sich mit fremden­feind­lichen Gedankengut zu identifizieren oder auch nur zu sympathisieren.

Kläger sieht sich als „Bauernopfer“

Der Kläger vertrat die Ansicht, das Vorgehen der Polizeiakademie sei pauschal und oberflächlich und weise keinen Bezug zu seiner Person auf. Er sei ein „Bauernopfer“, mit dem sich der Dienstherr aus dem Feuer der Kritik nehmen wolle. Von einer rassistischen oder sonst fremden­feind­lichen Aussage könne in Bezug auf die von ihm übersandte Datei keine Rede sein, vielmehr habe er den Einsatz von Waffen gegen Menschen der Dritten Welt und den darin liegenden Zynismus auf den Punkt bringen und die kriminellen Machenschaften des Waffen­her­stellers und dessen Waffengeschäfte mit südame­ri­ka­nischen Diktaturen kritisieren wollen. Durch die Erfahrungen seiner Familie und aufgrund seiner Erziehung sei es für ihn schon früh ein Anliegen gewesen, sich für hilfsbedürftige Menschen einzusetzen. Dies sei auch der Grund gewesen, warum er Polizist habe werden wollen. Andere Länder, die andere Gebräuche, Sitten, Religionen und Spezialitäten pflegten, empfinde er als sehr wertvoll, weswegen er viel reise, um die Menschen und ihre Kultur kennenzulernen. Während seines Erststudiums habe er zudem bei einer Stiftung gearbeitet, die talentierte Zugewanderte auf ihrem Bildungsweg unterstütze und ihnen helfe, in Deutschland Fuß zu fassen. In der ausführlichen mündlichen Verhandlung hatte der Kläger versucht aufzuzeigen, dass die inkriminierten Bilder z.T. auch andere, nicht menschen­ver­achtende Deutungen zuließen.

VG bejahrt berechtigte Zweifel an charakterliche Eignung

Das VG hat die Klage abgewiesen. Sie teilt die von der Polizeiakademie umfangreich begründete Einschätzung, dass der Kläger durch das unkommentiert eingestellte Bild und die über einen langen Zeitraum ohne ersichtliche Distanzierung gebliebene Teilnahme an dem Gruppenchat berechtigte Zweifel dafür gesetzt hat, dass er nicht die Gewähr dafür bietet, in seinem Dienst unvor­ein­ge­nommen und ohne Ansehen der Person seine Aufgaben wahrzunehmen.

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen, ra-online (pm/ab)

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