18.10.2024
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Verwaltungsgericht Gießen Beschluss19.06.2019

Philipps-Universität Marburg darf vorerst keine weiteren Tierversuche an Dsungarischen Zwerghamstern durchführenAbwägung zwischen Folgen für geltend gemachte Wissenschafts­freiheit einerseits und Belangen des Tierschutzes andererseits fällt nicht zu Gunsten der Universität aus

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat einen Eilantrag der Philipps-Universität Marburg abgelehnt, mit dem diese sich gegen die verweigerte Erlaubnis des Regierungs­präsidiums Gießen für die Durchführung von Tierversuchen an 36 Dsungarischen Zwerghamstern wehren wollte.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Philipps-Universität Marburg die Genehmigung zur Durchführung von Tierversuchen an 36 Dsungarischen Zwerghamstern im Rahmen des "ESA"-Projektes beantragt. Dabei sollte das Toporverhalten bei den Zwerghamstern und dessen Abhängigkeit von der Aktivität des sympathischen Nervensystems untersucht werden. Als Torpor bezeichnet man einen schlafähnlichen physiologischen Zustand, der vor allem bei kleineren Säugetieren und Vögeln vorkommt, wobei Stoffwechsel und Energieumsatz weitgehend abgeschaltet werden, die Körper­tem­peratur auf das Niveau der Umgebung­s­tem­peratur abgesenkt und alle Körper­funk­tionen gleichsam auf Sparflamme gehalten werden. Der Torpor dient den Tieren vor allem dazu, längere Zeiten des Nahrungs- oder Wassermangels zu überstehen. Untersucht werden sollte mit den Tierversuchen, wie der Topor ausgelöst wird, um daraus Erkenntnisse für die Nutzbarmachung in der Raumfahrt zu gewinnen. Das Regie­rungs­prä­sidium Gießen hatte dies im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass keine ausreichenden Belege dafür vorgelegt worden seien, dass die Tierversuche unerlässlich sowie ethisch vertretbar seien.

Frage zur Unerläss­lichkeit und ethischen Vertretbarkeit der Versuche nur in einem Haupt­sa­che­ver­fahren klärbar

Das Verwal­tungs­gericht Gießen lehnte den Eilantrag, mit dem die Universität die Durchführung der Tierversuche erreichen wollte, an deren Ende die Zwerghamster getötet werden, im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die aufgeworfene Frage der Unerläss­lichkeit und ethischen Vertretbarkeit der Versuche im Sinne des Tierschutz­ge­setzes (§ 8, § 7 a) nur in einem Haupt­sa­che­ver­fahren, d.h. einer Klage geklärt werden könnten. In der Kürze der Zeit, in der die Versuche nach den Ausführungen der Universität durchgeführt sein müssten, sei die notwendige weitere Sachaufklärung und eine ggf. noch einzuholende sachverständige Einschätzung der konkreten Belas­tungs­si­tuation der Tiere und des zu erwartenden Nutzens des Forschungs­vor­habens, die für eine ausreichende Rechtsprüfung unerlässlich sei, nicht möglich.

Erhebliche und unabwendbare Notwendigkeit der sofortigen Durchführung der Tierversuche nicht erkennbar

Die deshalb vorzunehmende Abwägung der Folgen für die geltend gemachte Wissen­schafts­freiheit einerseits und die Belange des Tierschutzes andererseits, falle nicht zu Gunsten der Universität aus. Dem geltend gemachten Verlust von Drittmitteln und der geltend gemachten Bedeutung der Forschung für die Beteiligung an der Projektreihe der ESA stehe am Ende der Tierversuche der größtmögliche und irreversible Schaden durch die geplante Tötung der Tiere gegenüber. Die durchaus gewichtigen Belange der Universität ließen eine erhebliche und unabwendbare Notwendigkeit der sofortigen Durchführung der Tierversuche jedoch nicht erkennen.

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online (pm/kg)

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