21.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 26671

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil10.10.2018

Stadt Frankfurt zur Anerkennung einer Schwer­be­hin­derten als Wohnungs­be­rechtigte verpflichtetUnterbringung in elterlicher Wohnung grundsätzlich ab dem 25. Lebensjahr auch für Menschen mit Behinderung unzureichend

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat auf die Klage einer Schwer­be­hin­derten die Stadt Frankfurt am Main verpflichtet, in ihrem Fall die soziale Dringlichkeit für die Überlassung von Sozialwohnungen anzuerkennen und damit den Menschen mit Behinderungen die Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60 Prozent. Seit 2009 ist sie in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Frankfurt am Main beschäftigt und erhält - neben ihrem Arbeitsentgelt - Grund­si­che­rungs­leistung nach dem SGB XII. Sie wohnt bei ihren Eltern außerhalb Frankfurts.

Stadt lehnt Registrierung der Klägerin als Wohnungs­su­chende ab

Im Jahr 2017 beantragte die Klägerin beim Amt für Wohnungswesen der Beklagten, sie als Wohnungs­su­chende zu registrieren und ihr eine Wohnung zu vermitteln, weil sie selbstständiger wohnen und leben wolle. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Stadtgebiet Frankfurt am Main um ein Gebiet mit erhöhtem Wohnraumbedarf handele. Nach Maßgabe der Registrier- und Verga­be­richt­linien der Stadt Frankfurt am Main sei daher eine ausreichende Bindung an Frankfurt erforderlich. Eine etwaige berufliche Bindung sei aber bei der Klägerin zu verneinen, da sie keine Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge abführe und Sozia­l­leis­tungen nach SGB XII beziehe.

VG: Voraussetzungen für Überlassung von Sozialwohnungen erfüllt

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main gab der gegen den Ableh­nungs­be­scheid erhobenen Klage statt. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Überlassung von Sozialwohnungen erfülle, da bei ihr aufgrund der unzureichenden Unterbringung eine soziale Dringlichkeit gegeben sei. Die Unterbringung von Einzelpersonen in der elterlichen Wohnung sei grundsätzlich ab dem 25. Lebensjahr unzureichend. Dies habe insbesondere für Menschen zu gelten, die aufgrund ihrer Behinderung nur eingeschränkte Erwer­bs­mög­lich­keiten hätten. Ein solches Verständnis des Begriffs der sozialen Dringlichkeit folge aus der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­vention.

Menschen mit Behinderungen würden ohne Zugang zu beschäf­ti­gungsnaher Wohnung aus Gemeinschaft ausgeschlossen

Auch sei es unerheblich, dass die Klägerin aus ihrem Arbeitsentgelt keine Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge abführen müsse und sie Leistungen nach SGB XII erhalte. Das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis der Klägerin stehe einem Arbeitsvertrag gleich. Maßgebend für den Wohnungsbedarf in Frankfurt sei nicht die Ausgestaltung und Einordnung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses, sondern die Bindung, die ein solches Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis an Frankfurt begründe. Die Entscheidung der Beklagten führe dazu, dass Menschen mit Behinderungen, die keinen Zugang zum normalen Arbeitsmarkt hätten und deshalb keinen regulären Arbeitsvertrag abschließen könnten, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen würden, weil sie keinen Zugang zu einer beschäf­ti­gungsnahen Wohnung erhielten.

Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behin­der­ten­rechts­kon­vention)

Artikel 19 Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft

Erläuterungen

Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmög­lich­keiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass

a) Menschen mit Behinderungen gleich­be­rechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben;

b) Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unter­stüt­zungs­diensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen gemeindenahen Unter­stüt­zungs­diensten haben, einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft und der Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhinderung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist;

c) gemeindenahe Dienst­leis­tungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleich­be­rech­tigung zur Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rechnung tragen.

Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main/ra-online

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