03.12.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 10875

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Urteil16.12.2010Verwaltungsgericht Frankfurt am Main1 K 1711/10.F
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ITRB 2011, 104Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2011, Seite: 104
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil16.12.2010

Öffentliche Sparkasse muss einem für „Inter­ne­tab­zocker“ tätigem Inkas­so­un­ter­nehmen kein Konto zur Verfügung stellenAblehnung einer Kontoeröffnung im Hinblick auf Belange des Verbrau­cher­schutzes sachlich gerechtfertigt

Eine öffentliche Sparkasse ist nicht verpflichtet einem Inkas­so­un­ter­nehmen, das für einen so genannten „Inter­ne­tab­zocker“ tätig ist, ein Konto zur Verfügung zu stellen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main.

Im zugrunde liegenden Streitfall wurde die Klage eines Inkas­so­un­ter­nehmens aus dem Landkreis Offenbach abgewiesen, mit der die Verurteilung der Frankfurter Sparkasse erreicht werden sollte, für dieses Unternehmen ein Konto einzurichten. Die Sparkasse hatte dies abgelehnt, weil das Inkassounternehmen auch für Anbieter von inter­net­ba­sierten Dienstleistern tätig ist, die in einschlägigen Internetforen als „Inter­ne­tab­zocker“ bezeichnet werden.

Inkas­so­un­ter­nehmen ist der Auffassung, gegenüber der Sparkasse einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Eröffnung eines Kontos nach § 2 des Hessischen Sparkas­sen­ge­setzes zu haben

Das Inkas­so­un­ter­nehmen war in der Vergangenheit Kunde der Frankfurter Sparkasse gewesen. Nachdem sich zahlreiche Verbraucher an die Sparkasse gewandt und sich darüber beschwerten hatten, dass das Inkassobüro ungerecht­fertigte Forderungen einzutreiben versuche, kündigte die Sparkasse das Konto. Die Klägerin, deren Versuche, sich vor den ordentlichen Gerichten gegen die Kündigung zu wehren, gescheitert waren, beantragte darauf bei der Frankfurter Sparkasse erneut die Eröffnung eines Kontos. Sie vertrat die Auffassung, sie habe gegenüber der Sparkasse einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Eröffnung eines Kontos nach § 2 des Hessischen Sparkas­sen­ge­setzes. Nach dieser Vorschrift haben die Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts die Aufgabe, geld- und kredit­wirt­schaftliche Leistungen zu erbringen und insbesondere Gelegenheit zur sicheren Anlage von Geldern zu geben. Die Sparkasse sei aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Daseinsvorsorge zur Kontoeröffnung verpflichtet und dürfe dies nicht ohne sachlichen Grund ablehnen. Ein sachlicher Grund sei nicht darin zu sehen, dass sich Verbraucher gegen die Einforderung von Geldern durch die Klägerin wehrten. Denn deren Beschwerden beträfen das Rechts­ver­hältnis zu den Inter­ne­tan­bietern. Über das Bestehen dieser Forderungen und damit über die Rechtmäßigkeit der Einforderungen habe sie als Inkas­so­un­ter­nehmen nicht zu entscheiden. Die Frankfurter Sparkasse lehnte die Eröffnung des Kontos unter Hinweis darauf ab, dass die Kündigung des früheren Kontos von den ordentlichen Gerichten bestätigt worden sei. Zudem könne die Inkas­sotä­tigkeit der Klägerin nicht getrennt von der Tätigkeit ihrer Auftraggeber betrachtet werden, da die Verbrau­cher­be­schwerden über die Vorgehensweise der Anbieter von inter­net­ba­sierten Dienst­leis­tungen auch direkt an die beklagte Sparkasse gerichtet gewesen seien. Dadurch sei ihr ein Reputa­ti­o­ns­schaden entstanden.

Konto­er­öff­nungs­antrag darf nur bei sachlich gerecht­fer­tigten Gründen abgelehnt werden

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main wies die Klage ab. In den Gründen ist ausgeführt, es gäbe zwar keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Kontoeröffnung, weil § 2 Abs. 1 Sparkas­sen­gesetz nur die Aufgaben der Sparkassen beschreibe und keine subjektiven Rechte der Bürger auf Kontoeröffnung einräume. Die Sparkasse unterliege aber der öffent­lich­recht­lichen Pflicht zur Gleich­be­handlung und könne einen Konto­er­öff­nungs­antrag nur ablehnen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sei.

Forderungen des Inkas­so­un­ter­nehmens stellen strafrechtlich relevante Täuschungs­handlung dar

Im vorliegenden Fall sei die Ablehnung der Kontoeröffnung im Hinblick auf die Belange des Verbrau­cher­schutzes sachlich gerechtfertigt. Den zahlreichen auch an die Sparkasse gerichteten Verbrau­cher­be­schwerden läge nämlich eine Inkas­sotä­tigkeit der Klägerin für Unternehmen zugrunde, deren Forderungen unter Ausnutzung der Unvor­sich­tigkeit der Verbraucher entstanden seien und sich als strafrechtlich relevante Täuschungs­handlung darstelle. Die Täuschung bestünde beispielsweise darin, dass Unternehmen auf ihrer Website die Möglichkeit böten, Software herunterzuladen, ohne dass erkennbar werde, dass hierfür Kosten entstünden. Die Kostenpflicht ergäbe sich nämlich nur aus den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen, die durch Anklicken eines entsprechenden Buttons akzeptiert werden müssten. Die gesamte Gestaltung der Seite erwecke jedoch den Eindruck, dass der Download kostenfrei sei, was auch dadurch verstärkt werde, dass die nämliche Software von anderen Anbietern kostenlos zum Download angeboten werde. Die Verbraucher würden so in eine Falle gelockt. Nach Rechnungserhalt seien die Anbieter zudem für die Verbraucher nicht erreichbar.

Inkas­so­un­ter­nehmen wirk an Verbrau­cher­täu­schung mit

Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, mit dieser Praxis der Inter­ne­tan­bieter nichts zu tun zu haben, denn es bestehe ein enger wirtschaft­licher Zusammenhang zwischen dem Vorgehen der Unternehmen im Internet und dem Inkasso der Klägerin. Der Klägerin sei das Gebaren ihrer Auftraggeber auch bekannt. Sie wirke deshalb an einer Verbrau­cher­täu­schung mit. In diese Täuschung werde auch das Kreditinstitut einbezogen, das für die Klägerin ein Konto bereit stelle, denn erst eine bestehende Girokon­to­ver­bindung versetze die Klägerin in die Lage, die angemahnten Forderungen auch tatsächlich einzuziehen. Dies rechtfertige im Hinblick auf die Bindung an Recht und Gesetz, der die beklagte Sparkasse unterliege, die Ablehnung der Kontoeröffnung.

Inkas­so­un­ter­nehmen kann nach Trennung von Inter­net­dienst­leister erneut Konto beantragen

Das Gericht weist in dem Urteil darauf hin, dass es der Klägerin freistehe, erneut die Eröffnung eines Kontos zu beantragen, wenn sie sich von den Unternehmen getrennt habe, deren Geschäftsmodell auf Verbrau­cher­täu­schung im Internet beruhe, und wenn sie dies der Sparkasse nachweise.

Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main/ra-online

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