Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Vater von vier Kindern sich an das Gericht gewandt, nachdem der in Eisenhüttenstadt (Landkreis Oder-Spree) ansässige Zweckverband angekündigt hatte, die Trinkwasserlieferung nach zwei Tagen vollständig einzustellen.
Hintergrund des Verfahrens war eine Auseinandersetzung zwischen dem Vermieter der Familie und dem Zweckverband. Der Vermieter hatte Trinkwasserlieferungen in Höhe von 317,08 € nicht bezahlt; die 6-köpfige Familie ihrerseits hatte aber die Miete mit den Nebenkosten samt Trinkwasseranteil vollständig dem Vermieter überwiesen. In dieser Situation wollte der Zweckverband Oderaue dem Mieter praktisch über Nacht “den Hahn zudrehen”. Dies hatte vor Gericht keinen Bestand. Angesichts der existentiellen Bedeutung einer funktionierenden Wasserversorgung für den Familienvater und seine Familie, die neben ihm und seiner Ehefrau aus vier minderjährigen Kindern im Alter zwischen 10 Jahren und acht Monaten besteht, hatte das Gericht keinerlei Zweifel, dass eine Unterbrechung der Wasserversorgung zum jetzigen Zeitpunkt die konkrete Gefahr schwerer nachteiliger Konsequenzen für die Gesundheit der ganzen Familie in sich birgt.
Da die Verträge über die Wasserversorgung jeweils mit den Vermietern abgeschlossen werden, drohen Mieter buchstäblich “auf dem Trockenen sitzenzubleiben”, wenn ihre Vermieter, wie vorliegend, untätig bleiben und sich nicht gegen eine Sperrung wenden. Ob in einer solchen Situation Mieter weitere Belieferung beanspruchen können, ist in der Rechtsprechung bislang ungeklärt. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) betrat nunmehr Neuland und entschied, soweit ersichtlich, erstmals die Frage im Sinne der Verbraucher.
Das Verwaltungsgericht war trotz der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Verträge zwischen dem Zweckverband und seinen Kunden für die Entscheidung gegen die Sperrung zuständig. Denn die Grundentscheidung, ob der Zweckverband liefern muss, ist eine Frage des öffentlichen Rechts.
Ein Zweckverband ist ein Zusammenschluss von Gebietskörperschaften - in diesem Fall: der Stadt Eisenhüttenstadt sowie der Gemeinde Neuzelle sowie weiterer Gemeinden der Ämter Schlaubetal und Brieskow-Finkenheerd -, um gemeinsam bestimmte Aufgaben erledigen zu können. Auch die Gemeinde Ziltendorf, in der der Antragsteller wohnt, ist Mitglied im Zweckverband. Die Gemeinde ist seit dem Oderhochwasser 1997, als weite Teile des Gemeindegebietes überflutet waren, überregional bekannt.
Der Verband beharrt darauf, die Trinkwasserzufuhr kappen zu können. Er hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) sofort nach Zustellung der Entscheidung Beschwerde eingelegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.12.2009
Quelle: ra-online, VG Frankfurt/Oder