21.11.2024
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Verwaltungsgericht Darmstadt Beschluss21.09.2010

VG Darmstadt: Beabsichtigte Aussetzung der Wehrpflicht kann einer Einberufung entgegenstehenMit Ableistung des Grund­wehr­dienstes einhergehende Verzögerung der Ausbildung muss aufgrund geplante Aussetzung der Wehrpflicht nicht hingenommen werden

Die von der Bundesregierung geplante Aussetzung der Wehrpflicht kann bei einer Einberufung entgegenstehen. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Darmstadt in einem Eilverfahren entschieden.

Im vorliegenden Fall wandte sich ein junger Wehrpflichtiger aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg gegen die vom Kreis­weh­r­er­satzamt verfügte Einberufung zur Ableistung des Grund­wehr­dienstes ab dem 1. Oktober 2010. Zur Begründung trug er vor, am 1. Oktober 2010 beginne er im Rahmen eines dualen Bildungsgangs ein Studium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, so dass er nach den gesetzlichen Bestimmungen einen Anspruch auf Zurückstellung vom Wehrdienst habe. Dies sah die Wehrbehörde anders. Da der von dem Wehrpflichtigen angestrebte duale Bildungsgang zwar auf einen Hochschul­ab­schluss ziele, daneben aber keine betriebliche Ausbildung erfordere, die zu einer selbstständigen beruflichen Qualifikation führe, komme eine Zurückstellung vom Wehrdienst wie bei allen sonstigen Studierenden erst dann in Betracht, wenn das dritte Semester erreicht sei.

Persönliches Interesse ausnahmsweise vorrangig zu behandeln

Das um vorläufigen Rechtsschutz angegangene Verwal­tungs­gericht Darmstadt entschied, dass der Wehrpflichtige dem Einbe­ru­fungs­be­scheid zunächst keine Folge leisten muss. Die Frage, wann von einem dualen Bildungsgang im Sinne der wehrrechtlichen Vorschriften gesprochen werden könne, werde in der verwal­tungs­ge­richt­lichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet; eine Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts steht noch aus. Im vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren sei daher eine Güterabwägung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang könne nicht unberück­sichtigt bleiben, dass nach dem erklärten Willen der politisch Verant­wort­lichen in absehbarer Zeit eine Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht zu erwarten sei. Da der Wehrpflichtige im Falle der Ableistung des Grund­wehr­dienstes eine Verzögerung seiner Ausbildung um mindestens ein Jahr hinnehmen müsse, sei hier ausnahmsweise seinen persönlichen Interessen der Vorrang einzuräumen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erfüllung einer staats­bür­ger­lichen Pflicht, die aller Voraussicht nach alsbald der Vergangenheit angehören wird.

Aussetzung der Einberufung nur in außer­ge­wöhn­lichen Fällen

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt weist in dieser Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass die anstehende Aussetzung der Wehrpflicht keineswegs jeder aktuellen Einberufung entgegensteht. Gerade mit Blick auf die der Bundesrepublik Deutschland obliegenden Verpflichtungen auch gegenüber den Bündnispartnern sei es unabdingbar, für eine Übergangszeit bis zur entsprechenden Umstruk­tu­rierung der Bundeswehr auf den Einsatz Wehrpflichtiger zu bauen. Nur in außer­ge­wöhn­lichen Fällen wie dem vorliegenden komme eine Aussetzung der Einberufung in Betracht.

Erläuterungen

§ 12 Abs. 4 Satz 2 Wehrpflicht­gesetzt lautet (auszugsweise):

(4) Vom Wehrdienst soll ein Wehrpflichtiger auf Antrag zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaft­licher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Eine solche liegt in der Regel vor,

...

3. wenn die Einberufung des Wehrpflichtigen

...

c) einen zum vorgesehenen Dienstantritt begonnen dualen Bildungsgang (Studium mit studien­be­glei­tender betrieblicher Ausbildung), dessen Regel­stu­di­enzeit acht Semester nicht überschreitet und bei dem das Studium spätestens drei Monate nach Beginn der betrieblichen Ausbildung aufgenommen wird,

...

unterbrechen oder die Aufnahme einer rechts­ver­bindlich zugesagten oder vertraglich gesicherten Berufs­aus­bildung verhindern würde.

Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online

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