Dokument-Nr. 6241
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss19.06.2008
Schulabschlussprüfung: Wenn eine nicht feststellbare Anzahl von Schülern die Aufgabe kennt, kann eine Prüfung wiederholt werdenWiederholung der Berliner Mathematikprüfung für den mittleren Schulabschluss rechtmäßig - Prüfungsfragen waren großer Anzahl von Schülern vorab bekannt
Das Verwaltungsgericht hat die Eilanträge einer Realschülerin und eines Schülers einer Gesamtschule zurückgewiesen, mit denen sie erreichen wollten, dass die schriftliche Mathematikprüfung vom 11. Juni 2008 bewertet wird und nicht wiederholt werden muss.
Für die am Ende des 10. Schuljahres abzulegende Prüfung für den mittleren Schulabschluss wurden an allen in Betracht kommenden Berliner Schulen am 11. Juni 2008 zeitgleich identische Mathematikarbeiten geschrieben. Nach Ermittlungen der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung waren die Prüfungsaufgaben allerdings zuvor einer großen Zahl von Schülern an mindestens 69 Schulen im Vorfeld bekannt geworden. Schülerinnen und Schüler hatten zugegeben, dass ihnen die Aufgaben teilweise bereits zwei Wochen vor dem Prüfungstermin über das Internet oder in anderer Weise entgeltlich oder unentgeltlich angeboten worden waren. Bei einzelnen Schülern und in von den Schülern während der Prüfung benutzten Toiletten wurden Lösungshinweise gefunden, die auf Kenntnis der Aufgabenstellungen schließen ließen. Auffällig viele und besonders auch schwächere Schüler beendeten ihre Arbeiten vorzeitig. Bei ersten Durchsichten der geschriebenen Arbeiten wurden deutlich bessere Ergebnisse als bei früheren Klassenarbeiten festgestellt.
Nicht feststellbare Vielzahl von Schülerinnen und Schülern kannte die Mathematikaufgaben
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hat entschieden, dass es richtig war, die Arbeit für alle beteiligten Schüler wiederholen zu lassen. Es sei davon auszugehen, dass eine nicht feststellbare Vielzahl von Schülerinnen und Schülern die Mathematikaufgaben gekannt hatten. Bei dem festgestellten Verbreitungsgrad sei eine Eingrenzung auf einzelne Schüler oder auch einzelne Schulen nicht möglich. Eine Alternative zu der angeordneten Wiederholung habe es nicht gegeben, weil sonst zu viele Prüfungen als fehlerhaft hätten angesehen werden müssen. Der Gefahr, dass eine Vielzahl von Schülern eine ihnen aufgrund ihres Leistungsstandes nicht zustehende (zu gute) Bewertung erhalte und das Leistungsbild insgesamt verfälscht werde, könne nicht anders begegnet werden. Nicht auszuschließen sei auch, dass ansonsten das durchschnittliche Leistungsprofil als Bewertungsmaßstab für alle anderen Arbeiten verfälscht worden wäre.
Prüfung muss unter fairen Bedingungen stattfinden
Daher sei unerheblich, ob den beiden um Rechtsschutz nachsuchenden Schülern konkret vorgeworfen werden könne, die Aufgaben gekannt zu haben. Vielmehr liege es gerade auch im Interesse derjenigen Schüler, die von sich behaupten, die Prüfungsaufgaben nicht gekannt zu haben, dass die Prüfung unter prüfungsrechtlich einwandfreien und damit fairen Bedingungen wiederholt wird.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 21/08 des VG Berlin vom 19.06.2008
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