Im zugrunde liegenden Streitfall studierte die Klägerin an einer Hochschule Betriebswirtschaftslehre und schloss das Studium als Diplom-Kauffrau ab. Rund sechs Monat später legte die Klägerin der Universität ihre Dissertation zum Thema „Die Determinanten des südafrikanischen Investitionsklimas im Neuen Südafrika und ihre Auswirkungen auf ausländische Direktinvestitionen“ vor. Gemäß § 7 Abs. 2 der Promotionsordnung gab sie die für die Dissertation verwendeten Hilfsmittel und Hilfen in einem 21-seitigen Quellen- und Literaturverzeichnis an und verwies in einer eidesstattlichen Erklärung darauf, dass sie auf dieser Grundlage die Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel verfasst habe.
Erst- und Zweitgutachter der Arbeit stellten fest, dass es sich bei der Dissertation um keine wissenschaftliche Meisterleistung handele und Inhalt und Aufbau der Arbeit eher eine Studie glichen und verlieh der Klägerin letztlich den akademischen Grad einer Doktorin der Wissenschaft mit dem Gesamturteil "cum laude" (gut).
Zwei Jahre später wies ein Professor der Universität auf eine zuvor an der Hochschule gefertigte Diplomarbeit mit dem Titel: „Die Determinanten des südafrikanischen Investitionsklimas - Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung ausländischer Direktinvestitionen“ hin und gab an, dass Auszüge aus der Diplomarbeit in weiten Teilen oft wörtlich und ohne Zitat in der Dissertation der Klägerin angegeben wurden. In einer Auflistung wurden fast 90 Passagen als übereinstimmend bezeichnet. In der Dissertation sei die Diplomarbeit jedoch weder im Quellen- und Literaturverzeichnis, noch in einer Fußnote genannt.
Nachdem sich zeigte, dass nur 95 von insgesamt 294 Seiten der Dissertation nicht vom Plagiatsvorwurf betroffen waren und es im Übrigen sehr augenfällige Übereinstimmungen mit teilweise fast wörtlich übernommenen Passagen gab, empfahl der Betreuer der Dissertation der Klägerin die Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Doktorgrades da ihm der Plagiatsvorwurf nach Prüfung eindeutig erschien.
Die Klägerin war der Auffassung, dass Überstimmungen durch die Benutzung derselben Quellen teilweise unvermeidlich gewesen seien. Sie räumte jedoch ein, dass sie es versäumt habe, die Diplomarbeit wie vorgeschrieben zu zitieren.
Nachdem auch der Zweitgutachter der Auffassung war, dass es sich um einen gravierenden Fall von Plagiat handele, teilte der Promotionsausschuss des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Klägerin mit, dass ihr der Doktorgrad entzogen werden solle.
Das Verwaltungsgericht Berlin wies die daraufhin von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage als unbegründet ab. Der Bescheid der beklagten Universität, mit dem der Klägerin der Grad einer Doktorin der Wirtschaftswissenschaft entzogen wurde, sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gestützt auf § 34 Abs. 7 Nr. 1 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin, wonach ein von einer staatlichen Hochschule des Landes Berlin verliehener akademischer Grad wieder entzogen werden dürfe, sofern sich später herausstellen sollte, dass der Titel durch Täuschung erworben wurde, sei die Aberkennung des Doktorgrades der Klägerin rechtmäßig, urteilte das Gericht.
Es sei offenkundig, dass die verwendete Diplomarbeit bei der Klägerin nicht nur als „Anregung“ diente, sondern dass Teile, die eigentlich eigenständig hätten verfasst werden müssen, im Hinblick auf Themenwahl, Gliederung, Struktur und vieler Einzeldarstellungen mit der Diplomarbeit übereinstimmen und teilweise wörtlich übernommen worden seien. Das wissenschaftliche Zitiergebot sei daher nicht nur marginal, sondern in ganz erheblichem Umfang verletzt. Das Ausmaß an Übereinstimmungen der Dissertation mit der Diplomarbeit lasse daher auch keinen Entscheidungsspielraum zu.
Nach Auffassung des Gerichts sei der Erwerb des Doktorgrades nur aufgrund der Täuschung durch die Klägerin erfolgt. Gemäß § 35 Abs. 4 BerlHG setze die Promotion eine mit mindestens als "ausreichend" bewertete wissenschaftliche Arbeit voraus, die auf selbständiger Forschungsarbeit beruht. Dies sei wegen des eindeutig vorliegenden Plagiats hier nicht der Fall. Es sei vielmehr höchst fraglich, ob die Promotionskommission die Dissertation der Klägerin überhaupt als eine mindestens "ausreichende" wissenschaftliche Arbeit beurteilt und ihr den Doktorgrad verliehen hätte, wenn ihr bekannt gewesen wäre, in welchem gravierenden Umfang hier auf die Diplomarbeit zurückgegriffen worden sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.02.2011
Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Berlin (vt/ac)