22.11.2024
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Dokument-Nr. 22417

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss02.03.2016

Mit Bovinen Herpesvirus infiziertes Rind darf vorerst bleibenHohes Infek­ti­o­ns­risiko bei Einzelhaltung eines Tiers nicht gegeben

Das Verwal­tungs­gericht Aachen hat entschieden, dass eine einzeln gehaltene Reitkuh vorerst trotz einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus im Bestand bleiben darf, da von einem Tier in Einzelhaltung kein hohes Infek­ti­o­ns­risiko ausgeht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Ordnungs­ver­fügung vom 12. November 2015 hatte die Städteregion Aachen der Antragstellerin aufgegeben, ihr einzeln gehaltenes Rind aus dem Bestand zu entfernen, d.h. zu schlachten oder zu exportieren. Grund sei die Infektion des Tieres mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV 1).

Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht plausibel begründet

Der dagegen gerichtete Eilantrag hatte Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Verwal­tungs­gericht Aachen aus, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht plausibel begründet sei. Erforderlich sei eine schlüssige, konkrete und substantiierte Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde im Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben sei. Daran fehle es. Es handele sich, wie der Vergleich mit der Ordnungs­ver­fügung einer anderen Behörde belege, vielmehr um eine standardmäßige Formulierung. Der vorliegende Fall sei allerdings durch Besonderheiten geprägt, die der Antragsgegner unberück­sichtigt gelassen habe.

Höheres Infek­ti­o­ns­risiko nur bei Haltung mehrerer Tiere gegeben

So bleibe bei der Begründung, dass von dem fraglichen Rind eine besonders hohe Gefährdung ausgehe, ganz außer Betracht, dass es als Einzeltier gehalten werde. Der Regelfall der Rinderhaltung dürfte dadurch gekennzeichnet sein, dass mehrere Tiere gehalten würden. In der Folge bestehe auch ein höheres Infek­ti­o­ns­risiko. Zum einen liege die Gefahr der Übertragung des BHV1-Virus von einem infizierten Rind eines Bestands auf ein noch nicht infiziertes Rind desselben Bestandes wegen der räumlichen Nähe auf der Hand. Diese Gefahr bestehe hier gar nicht. Zum anderen sei das Risiko der Übertragung auf anderem Wege – etwa durch einen Tierarzt, der mehrere Betriebe hintereinander besuche - höher, wenn mehrere Tiere eines Bestandes infiziert seien und das BHV1-Virus ausscheiden könnten.

Infektion des Rindes bereits seit dem Jahre 2008 bekannt

Die Annahme eines hohen Gefähr­dungs­po­tentials sei aber auch deshalb nicht nachvollziehbar begründet, weil der Antragsgegner mit keinem Wort darauf eingehe, dass die BHV1-Infektion des Rindes bereits seit dem Jahre 2008 bekannt sei, ohne dass dies ihn bislang veranlasst hätte, die Entfernung des Tieres anzuordnen und notfalls im Wege des Verwal­tungs­zwangs auch durchzusetzen.

Drohende wirtschaft­lichen Verluste aufgrund von Restriktionen in der Vermarktung kein tragfähiger Grund für Ordnungs­ver­fügung

Auch die drohenden wirtschaft­lichen Verluste aufgrund von Restriktionen in der Vermarktung für den Fall, dass das Land Nordrhein-Westfalen nicht für BHV1-frei erklärt werde, seien kein tragfähiger Grund. Denn mit diesem handels­po­li­tischen Grund könne die sofortige Vollziehung einer seuchen­recht­lichen, also auf die Bekämpfung einer Tierseuche abzielenden Ordnungs­ver­fügung nicht gerechtfertigt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Aachen/ra-online

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