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Verwaltungsgericht Aachen Urteil14.01.2009
VG Aachen: Versammlungsbehörde darf nicht per se Parolen mit rechtsextremistischen Inhalten untersagen, solange die Äußerungen nicht antisemitisch oder rassistisch sindMehrere Auflagen zu einer NPD-Demonstration waren rechtswidrig
Mehrere Auflagen zu einer Demonstration der NPD am 08. Februar 2008 in der Dürener Innenstadt waren rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen festgestellt und gab damit einer Klage des NPD-Kreisverbandes Düren statt.
Zu der NPD-Demonstration am 08. Februar 2008 unter dem Motto "Gegen die Kriminalisierung von nationalen Bürgern" in der Dürener Innenstadt erteilte der Landrat des Kreises Düren verschiedene Auflagen. Sie betrafen u.a. das Marschieren in Blöcken, Zügen und Rei-hen, das Abspielen oder Singen von Marschliedern, das Tragen von Emblemen oder Tätowierungen, die in Verbindung mit dem Nationalsozialismus stehen oder in der breiten Öffentlichkeit einen solchen Eindruck erwecken könnten, das sichtbare Tragen von Bekleidungsstücken mit bestimmten Buchstaben- oder Zahlenfolgen, die Verwendung von Fahnen und Transparenten, die Verwendung bestimmter Parolen wie "Deutschland den Deutschen" oder "Ausländer raus" sowie den Gebrauch nationalsozialistischen Propagandajargons. Nach Ansicht der 6. Kammer waren diese Auflagen bzw. Teile davon rechtswidrig.
Auflagen nur bei einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung
Das Versammlungsgesetz fordere für die Erteilung von Auflagen eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Hierfür müssten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Seine Einschätzung, dass die NPD-Demonstration als rechter Aufmarsch wahrgenommen und der zu befürchtende Einschüchterungseffekt bei Andersdenkenden mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit eintreten werde, habe der Beklagte aber nur auf bloße Behauptungen und Vermutungen gestützt. So fehlten etwa belastbare Tatsachen dafür, dass das Marschieren in Blöcken, Zügen und Reihen, das Mitführen von Fackeln und Fahnen, das Schlagen von Trommeln, das Verwenden von Aufschriften mit Bezug zum Nationalsozialismus und insbesondere das Skandieren ausländerfeindlicher Parolen sich zu einem Gesamtbild verdichte, das einen Einschüchterungseffekt sowie ein Klima der Gewaltdemonstration und potenzieller Gewaltbereitschaft erzeuge. Auch habe sich der Beklagte nicht mit Gegenindizien, insbesondere der geringen Zahl der Versammlungsteilnehmer und ihrer Abschirmung durch zahlenmäßig überlegene Polizeikräfte nicht auseinandergesetzt. Ob die angenommene Gefahr durch mildere Auflagen - etwa eine Begrenzung der eingesetzten Hilfsmittel -, hätte ausgeräumt werden können, habe der Beklagte ebenfalls nicht geprüft.
Rechtsextremistische Parolen sind nicht per se verboten
Auch das Verbot bestimmter Parolen unter dem Aspekt der Verletzung der Menschenwürde genüge nicht den vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Anforderungen. Meinungsäußerungen seien in der pluralistischen Demokratie grundsätzlich frei, wenn sie nicht - etwa als antisemitische oder rassistische Äußerungen - unter Strafe gestellt seien. Seien die hier verbotenen Parolen nicht strafbar, wovon auch der Beklagte ausgehe, so könnten sie nicht allein wegen ihrer rechtsextremistischen Inhalte verboten werden. Das laute Skandieren der Parolen rechtfertige auch nicht die Annahme, wegen dieser Art und Weise der Kundgabe einer Meinung werde die öffentliche Ordnung so sehr gestört, dass die Meinungsäußerung verboten werden dürfe. Der Beklagte habe auch insoweit versäumt, nachvollziehbar und gestützt auf Tatsachen darzulegen, dass durch die Art und Weise des Auftretens der Versammlungsteilnehmer zum Beispiel ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft entstehen würde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.02.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 03.02.2009
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