Verwaltungsgericht Aachen Urteil11.02.2025
Landwirt erhält keine Entschädigung nach behördlich angeordneter RindertötungTierseuchenkasse zahllt wegen verschiedener tierschutzrechtlicher Verstöße nicht
Ein Landwirt, dem die Städteregion Aachen als Tierschutzbehörde im Jahr 2019 nach amtlicher Feststellung eines überwiegend positiven BHV1-Befunds (Rinderherpes) aufgegeben hatte, nahezu seinen gesamten Rinderbestand tierschutzgerecht töten zu lassen, bekommt keine Entschädigung für die getöteten Tiere. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen nunmehr entschieden.
Nach erfolgloser Anfechtung der Tötungsanordnung (Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss v. 24.07.2019 - 7 L 835/19 -) waren im Jahr 2020 insgesamt 453 Rinder geschlachtet worden. Seinen hierauf gestützten Entschädigungsantrag über insgesamt rund 173.000 Euro hatte die Landwirtschaftskammer NRW als Tierseuchenkasse wegen verschiedener tierschutzrechtlicher Verstöße abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat diese Entscheidung nunmehr als rechtmäßig bestätigt. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt:
Behördlich angeordnete Rindertötung begründet grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch - Anspruch ist aber hier entfallen
Grundsätzlich begründet die behördlich angeordnete Rindertötung zwar einen Entschädigungsanspruch. Im Fall des Klägers ist dieser Anspruch aber entfallen. Denn das Tiergesundheitsgesetz sieht einen Ausschluss des Entschädigungsanspruchs wegen der Verletzung von tierseuchenrechtlichen Schutzanordnungen vor. Der Verstoß muss für das Auftreten der Seuche in dem die Entschädigung auslösenden Fall nicht ursächlich geworden sein. Es genügt vielmehr, dass die Pflichtverletzung - bezogen auf den konkreten Seuchenfall - geeignet war, eine Entstehung oder die Ausbreitung der Seuche zu fördern. Dies hat die Landwirtschaftskammer für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers im Ergebnis zu Recht angenommen.
Landwirt verstieß mehrfach schuldhaft gegen die in der Tierseuchenverfügung aus dem Jahr 2019 zusätzlich angeordneten Schutzmaßregeln
Der Kläger hat in mehrfacher Hinsicht schuldhaft gegen die in der Tierseuchenverfügung aus dem Jahr 2019 zusätzlich angeordneten Schutzmaßregeln, die eine Ausbreitung der Seuche verhindern sollten, sowie gegen ein ebenfalls verfügtes Belegungsverbot verstoßen. Insbesondere hat der Kläger neben Verstößen gegen ein Aufstallgebot und ein Betretungsverbot durch das Verbringen eines Deckbullen in seinen Bestand gegen das angeordnete Verbringungsverbot verstoßen. Zudem sind im Betrieb des Klägers auch nach der Anordnung eines Belegungsverbots weiterhin Tiere besamt oder gedeckt worden.
Zu Lasten des Klägers ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich nicht um einen vereinzelten, geringfügigen Verstoß gegen die Tierseuchenverfügung handelt, sondern er gleich mehrere tierseuchenrechtliche Schutzmaßregeln schuldhaft missachtet hat. Die vorliegenden Verstöße waren bei einer Gesamtschau auch nicht nur mit einem geringen Gefahrenrisiko hinsichtlich der Ausbreitung des BHV1-Herpesvirus (Bovinen Herpesvirus) verbunden. Vielmehr sind Aufstallgebot sowie Verbringungs- und Betretungsverbote grundlegende Schutzmaßnahmen gegen eine Ausbreitung der Seuche. Der Verstoß gegen das Belegungsverbot ist ebenfalls als erheblich einzustufen. Dem Kläger steht daher auch nicht jedenfalls eine Teilentschädigung zu, weil weder eine lediglich geringe Schuld festzustellen ist noch das Vorliegen einer unbilligen Härte.
Der Kläger kann die Zulassung der Berufung gegen das Urteil beantragen. Über diesen Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht in Münster.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.02.2025
Quelle: Verwaltungsgericht Aachen, ra-online (pm/pt)