23.11.2024
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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss29.03.2016

JVA-Beamter darf nach Flucht eines Sicherungs­verwahrten Dienst vorläufig nicht weiter verrichtenVerbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht unver­hält­nismäßig

Das Verwal­tungs­gericht Aachen hat entschieden, dass ein JVA-Beamter vorläufig seinen Dienst nicht weiter verrichten darf, nachdem einem Sicherungs­verwahrten bei einer Ausführung die Flucht gelang, weil der Beamte den Mann nicht umfassend beaufsichtigt hatte.

Der Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens, ein JVA-Beamter, war mit einem Kollegen an der Ausführung des Siche­rungs­ver­wahrten Peter B. nach Köln im Januar 2016 beteiligt. Im Verlauf eines Mittagessens in der Gaststätte "Früh am Dom" gelang diesem die Flucht; er wurde erst Tage später wieder gefasst. Mit Bescheid vom 28. Januar 2016 untersagte die JVA dem Beamten, seine Dienstgeschäfte zu führen. Es bestehe der Verdacht einer Straftat gemäß § 120 Abs. 2 StGB und eines Dienstvergehens schwerwiegender Art, weil er den Siche­rungs­ver­wahrten nicht ständig und unmittelbar beaufsichtigt habe.

Beamten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden

Der gerichtliche Eilantrag gegen das sofort wirksame Verbot der Führung der Dienstgeschäfte blieb ohne Erfolg. Das Verwal­tungs­gericht Aachen führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dass aus zwingenden dienstlichen Gründen Beamten die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden könne, wenn sonst der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft drohen würden. Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Diszi­pli­na­r­ver­fahren komme es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Es sei nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beein­träch­tigung der dienstlichen Belange bestehe; vielmehr eröffne das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.

Verstoß des Beamten geht über Verletzung von einfachen Sorgfalts­pflichten hinaus

Die Leiterin der JVA habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie derzeit kein Vertrauen in die Tätigkeit des Antragstellers habe und eine Untersagung der weiteren Dienstausübung in der Justizvollzugsanstalt geboten sei. Bereits aufgrund der Schilderung des Antragstellers selbst stehe fest, dass er den Siche­rungs­ver­wahrten in der Kölner Gaststätte nicht umfassend beaufsichtigt habe. Der eingeräumte Verstoß gehe auch über eine Verletzung von einfachen Sorgfalts­pflichten hinaus, weil die Pflicht­ver­letzung im Bereich des Justizvollzugs angesiedelt sei. Der Justizvollzug sei ein Bereich mit besonders hoher Relevanz sowohl für das Sicher­heits­gefühl der Bevölkerung als auch für die tatsächliche Sicherheitslage dar. Dies gelte zumal für die JVA Aachen, in der nicht nur viele zu hohen Freiheits­s­trafen verurteilte Häftlinge einsäßen, sondern auch Siche­rungs­ver­wahrte mit hohem Gefah­ren­po­tenzial untergebracht seien. Dem Antragsteller müsse bei bereits 17 erfolgten Ausführungen von Siche­rungs­ver­wahrten bekannt gewesen sein, dass die maßgebenden Vorschriften eine besondere Beaufsichtigung vorsehen, um eine Entweichung zu verhindern. An diese Vorgaben habe er sich offenkundig nicht gehalten, so dass ihn auch mögliche Organi­sa­ti­o­ns­mängel in der JVA nicht entlasten könnten.

Beamten kann zur Gewährleistung der Sicherheit keine andere Aufgabe zugewiesen werden

Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei nicht unver­hält­nismäßig. Die JVA sei zutreffend zu der Einschätzung gelangt, zur Gewährleistung der Sicherheit könne dem Antragsteller auch keine andere Aufgabe - ohne Außenkontakte - zugewiesen werden. Wegen des Verdachts der Gefan­ge­nen­be­freiung habe die Staats­an­walt­schaft ein Ermitt­lungs­ver­fahren eingeleitet, und bundesweit sei in den Medien über das Geschehen in der Kölner Gaststätte und die wider­sprüch­lichen Angaben des Antragstellers und des Gaststät­ten­per­sonals zu dem konkreten Vorfall berichtet worden. Unter diesen Umständen sei eine ordnungsgemäße Dienst­ver­richtung kaum vorstellbar.

Quelle: Verwaltungsgericht Aachen/ra-online

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