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Dokument-Nr. 29349

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Thüringer Verfassungsgerichtshof Urteil15.07.2020

Thüringer Verfassungs­gerichtshof: Paritätsgesetz nichtigRichter sehen Nachteile für Wähler und Partei

Der Thüringer Verfassungs­gerichtshof hat entschieden, dass das Siebte Gesetz zur Änderung des Thüringer Landes­wahl­ge­setzes -Einführung der paritätischen Quotierung -(Paritätsgesetz) vom 30. Juli 2019 (GVBl 2019, S. 322) nichtig ist.

Antragsteller im zu Grunde liegenden Normen­kon­troll­ver­fahren war die Fraktion der Alternative für Deutschland im Thüringer Landtag. Nach dem Paritätsgesetz wären Landeslisten für die Wahl zum Thüringer Landtag abwechselnd mit Frauen und Männer zu besetzen gewesen. Landeslisten wären zurückzuweisen gewesen, soweit sie dieser paritätischen Besetzung nicht entsprochen hätten. Personen, die im Perso­nen­stands­re­gister als ‚divers' registriert sind, hätten auf jedem Platz kandidieren können. Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat zur Begründung insbesondere ausgeführt: Die gesetzliche Verpflichtung der politischen Parteien, Landeslisten zur Wahl des Thüringer Landtags paritätisch zu besetzen, beeinträchtigt das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl nach Art. 46 Abs. 1 ThürVerf sowie das Recht der politischen Parteien auf Betäti­gungs­freiheit, Programm­freiheit und die Chancen­gleichheit der Parteien nach Art. 21 Abs. 1 GG als in das Landes­ver­fas­sungsrecht hineinwirkendes Bundes­ver­fas­sungsrecht. Diese Rechte erstrecken sich auch auf wahlvor­be­reitende Akte wie die Aufstellung von Listen­kan­didaten.

Richter sehen Nachteile für Wähler und Partei

Auf Grund des hier für nichtig erklärten Gesetzes wären die Wählerinnen und Wähler nicht mehr frei gewesen, durch Wahl einer anders besetzten Liste die Zusammensetzung des Landtags zu beeinflussen. Die Mitglieder der Parteien hätten nicht mehr die Freiheit, Kandidaten für Landeslisten unabhängig von deren Geschlecht zu wählen und sich selbst für jeden Listenplatz zu bewerben. Erhielte eine Partei, deren Liste teilweise zurückgewiesen wurde, auf Grund dessen weniger Mandate als ihr bei Berück­sich­tigung der für sie insgesamt abgegebenen Stimmen zustünden, wäre zudem der Erfolgswert dieser Stimmen gemindert. Die Parteien wären ferner in der Freiheit eingeschränkt, das eigene Personal zu bestimmen und ihr Programm mit einer spezifisch geschlech­ter­be­zogenen Besetzung der Listen zu untermauern. Mittelbar könnten den Parteien Nachteile dadurch entstehen, dass sie bei der Besetzung der Listen nicht das ihnen am besten geeignet erscheinende Personal einsetzen könnten. Diese Eingriffe hätten noch nicht zur Nichtigkeit des Gesetzes geführt, wenn sie durch die Verfassung selbst gerechtfertigt gewesen wären.

Die Regelungen des Paritäts­ge­setzes sind nicht gerechtfertigt

Dafür aber hätte es zwingender Gründe bedurft, also solcher Gründe, die nicht nur durch die Verfassung legitimiert, sondern auch von einem Gewicht sind, das den beein­träch­tigten Rechten die Waage halten kann. Weder das Demokra­tie­prinzip noch die vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht als erforderlich betrachtete Sicherung der Wahl als Integra­ti­o­ns­vorgang bei der politischen Willensbildung weisen ein solches Gewicht auf. Die Abgeordneten des Thüringer Landtags repräsentieren das Wahlvolk grundsätzlich in dessen Gesamtheit, nicht als Einzelne. Hingegen zielt die Sicherung der Wahl als Integra­ti­o­ns­vorgang auf die Integration politischer Kräfte, jedoch nicht auf eine Integration von Frauen und Männern als Geschlech­ter­gruppen. Die über Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG inhaltlich hinausreichende Verpflichtung zur Gleichstellung von Frauen und Männern nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf vermag zwar grundsätzlich auch Beein­träch­ti­gungen der Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie der Chancen­gleichheit politischer Parteien zu rechtfertigen und steht auf derselben Rangstufe wie Art. 46 Abs. 1 ThürVerf und Art. 21 Abs. 1 GG als Teil des Landes­ver­fas­sungs­rechts. Gleichwohlkann Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf die Einführung einer Pflicht zur paritätischen Besetzung der Landeslisten nicht rechtfertigen. Der Entste­hungs­ge­schichte, namentlich den Beratungen im Verfassungs- und Geschäfts­ord­nungs­aus­schuss einschließlich der Abstimmung über dort gestellte Anträge lässt sich entnehmen, dass der Verfas­sungsgeber Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf nicht als Recht-fertigung einer solchen Pflicht verstanden wissen wollte. Der Thüringer Verfas­sungs­ge­richtshof darf (im Hinblick auf den Gewal­ten­tei­lungs­grundsatz) der Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf keinen Bedeu­tungs­gehalt beilegen, der nur im Wege einer förmlichen Verfas­sung­s­än­derung nach Art. 83 ThürVerf in die Verfassung des Freistaats Thüringen eingeführt werden könnte.

Quelle: Thüringer Verfassungsgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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