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Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil30.01.2019

Schleswig-Holsteinisches OVG fordert neue Bemes­sungs­maßstäbe für Erhebung von Zweit­wohnungs­steuern in Schleswig-HolsteinIm Jahr 1964 einheitlich festgestellter Mietwert für Bemessung der Zweit­woh­nungs­steuer berücksichtigt differenzierte Entwicklung von Immobilien nicht mehr ausreichend

Das Schleswig-Holsteinische Ober­verwaltungs­gericht hat Klagen gegen die Erhebung von Zweit­wohnungs­steuern in zwei schleswig-holsteinischen Gemeinden stattgegeben. Die angefochtenen Steuerbescheide sind laut Gericht rechtswidrig, weil der von den Gemeinden zur Anwendung gebrachte Steuermaßstab gegen den Gleich­behandlungs­grund­satz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wie viele andere Gemeinden des Landes haben auch die Gemeinden Friedrichskoog (Amt Marne-Nordsee) und Timmendorfer Strand durch Satzung bestimmt, dass sich die Zweitwohnungssteuer nach der sogenannten "Jahresrohmiete" bemisst. Diese wiederum ist laut Bewer­tungs­gesetz anhand eines Mietspiegels aus dem Jahr 1967 auf den Zeitpunkt 1. Januar 1964 festzustellen und sodann anhand von Preisindizes für die Lebenshaltung hochzurechnen.

Steuermaßstab führt zu ungerecht­fer­tigter Gleich­be­handlung von Zweitwohnungen

Das Schleswig-Holsteinische Oberver­wal­tungs­gericht gelangte zu der Auffassung, dass dieser Steuermaßstab zu einer ungerecht­fer­tigten Gleich­be­handlung führe, weil Zweitwohnungen trotz erheblicher Unterschiede im aktuellen Mietwert gleich hoch besteuert würden. In Anlehnung an das Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 10. April 2018 zur Grundsteuer gelte auch für die Bemessung der Zweit­woh­nungs­steuer, dass ein zum 1. Januar 1964 einheitlich festgestellter Mietwert die seitdem in über 50 Jahren erfolgte differenzierte Entwicklung wertbildender Merkmale von Immobilien (wie z.B. Ausstattung und Lage) nicht ausreichend berücksichtige und damit innerhalb desselben Satzungs­ge­bietes zu einer "forts­chrei­tenden Erweiterung und Vertiefung der Wertverzerrung" führe.

Gemeinden können Satzungen rückwirkend ändern

Die betroffenen Gemeinden sind nunmehr gehalten, ihre Satzung über die Erhebung von Zweit­woh­nungs­steuern jeweils zu ändern. Dem Einwand der beiden beklagten Kommunen, dass die beanstandeten Vorschriften ihrer Satzung bis zu einer Neuregelung fortgelten können sollten, wie dies vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht in Bezug auf die Grundsteuer für die Vorschriften des Bewer­tungs­ge­setzes vorgesehen worden sei, ist das Oberver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt. Dafür bestehe keine Bedürfnis. Die Gemeinden könnten ihre Satzungen rückwirkend ändern und die Zweit­woh­nungs­steuer auf neuer Satzungs­grundlage auch für zurückliegende Jahre erneut erheben, solange die Steuerschuldner dadurch nicht schlechter gestellt würden. Als alternativer Steuermaßstab komme in Betracht, den bisher maßgeblichen Mietwert durch Berück­sich­tigung von Baujahr und Lage der Immobilien zu modifizieren, eine Schätzung aufgrund von aktuellen Vergleichs­mieten im jeweiligen Satzungsgebiet vorzunehmen oder die Zweit­woh­nungs­steuer vom Verkehrswert abzuleiten.

Mit der Zweit­woh­nungs­steuer wird eine Einkom­mens­ver­wendung besteuert, die über die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und ihren konkreten Ausdruck darin findet, dass jemand neben seiner Hauptwohnung eine weitere Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung nutzt bzw. für diese Zwecke vorhält.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht/ra-online

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