18.10.2024
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil12.05.2016

Merkmal "Ehrenkodex" bei Online-Suche nach Zahnarztpraxis kein geeignetes SuchkriteriumVorein­ge­stelltes Suchkriterium für Verbraucher irreführend und damit wettbe­wer­bs­widrig

Die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" als Suchkriterium im Rahmen der Funktion "Praxissuche" auf der Homepage der berufs­s­tän­dischen Vereinigung der Zahnärzte in Schleswig-Holstein ist wettbe­wer­bs­widrig und muss unterlassen werden. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht in einem Eilverfahren.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Zahnarzt in Schleswig-Holstein und klagt im Eilverfahren (einstweiliges Verfü­gungs­ver­fahren) gegen die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein (Beklagte). Diese bietet Verbrauchern auf ihrer Homepage unter der Funktion "Praxissuche" die Möglichkeit, nach Zahnärzten zu suchen, die in Schleswig-Holstein ansässig sind. Dabei wird neben den Suchkriterien Name, Vorname, Ort, Postleitzahl, Fachzahnarzt und Praxiss­pe­zi­a­litäten auch das Kriterium "Ehrenkodex" aufgeführt. Dieses Merkmal ist im Gegensatz zu den anderen Kriterien in der Suchmaske bereits mit einem Häkchen versehen. Der "Ehrenkodex" wurde im Jahre 2014 in einer Kammer­ver­sammlung der Beklagten beschlossen und soll den Kern des freiberuflichen, zahnärztlichen Berufs­ver­ständ­nisses gegenüber Patienten, Mitarbeitern, Kollegen und Geschäfts­partnern verkörpern. Gegen die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" wendet sich der Kläger, der den "Ehrenkodex" selbst nicht unterzeichnet hatte. Das Landgericht Kiel hat die Beklagte in erster Instanz verurteilt, die Verwendung des Suchkriteriums "Ehrenkodex" zu unterlassen.

Vorein­ge­stelltes Suchkriterium nimmt Einfluss auf Entscheidung der Verbraucher

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht bestätigte nun diese Entscheidung. Durch die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" als Kriterium der "Praxissuche" hat die Beklagte Einfluss auf die Entscheidung der Verbraucher genommen, ihre Suche (auch) an diesem Kriterium zu orientieren. Damit hat sie denjenigen Zahnärztinnen und Zahnärzten, die den "Ehrenkodex" unterzeichnet haben, im Wettbewerb um Patientinnen und Patienten einen Vorteil verschafft. Durch die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" neben den anderen Kriterien und die Vorbelegung in der Suchmaske wird der Eindruck erweckt, der "Ehrenkodex" sei als wichtiger Aspekt für die Praxissuche ebenso bedeutsam, wie z.B. die Qualifikation als Fachzahnarzt. Dieser Eindruck ist irreführend und stimmt mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Bei allen Bestandteilen des "Ehrenkodex", die die zahnärztliche Behand­lung­s­tä­tigkeit selbst betreffen, handelt es sich nämlich um medizin- und standes­rechtliche Selbst­ver­ständ­lich­keiten, mit denen aus Rechtsgründen isoliert gar nicht geworben werden darf.

Verwendung des Merkmals für Verbraucher irreführend

Der durch­schnittliche Verbraucher kann das jedoch nicht erkennen. Die irreführende Wirkung entfällt auch nicht dadurch, dass der Verbraucher das vorbelegte Häkchen bei dem Merkmal "Ehrenkodex" entfernen und sich an anderer Stelle des Inter­ne­t­auf­tritts über den Inhalt des "Ehrenkodex" informieren kann. Der Verbraucher vertraut nämlich vielmehr darauf, dass die Beklagte die "Praxissuche" im Sinne der Verbraucher objektiv und sachgerecht gestaltet hat. Die irreführende Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" ist deshalb geeignet, den Verbraucher zum Abschluss eines Behand­lungs­ver­trages nur mit denjenigen Zahnärztinnen oder Zahnärzten zu veranlassen, die den "Ehrenkodex" unterzeichnet haben, was der Verbraucher anderenfalls nicht getan hätte.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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