18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 10661

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Urteil01.12.2010BundesgerichtshofI ZR 55/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2011, 465Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2011, Seite: 465
  • MMR 2011, 318Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 318
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Bundesgerichtshof Urteil01.12.2010

BGH: Preisvergleichs­plattform für zahnärztliche Leistungen nicht berufs­rechts­widrigBerufs­un­würdiges Verdrängen anderer Zahnärzte aus ihrer Behandlungs­tätigkeit nicht zu erwarten

Eine Inter­net­plattform, die es Patienten ermöglicht, den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einzustellen, sodass andere Zahnärzte eine alternative eigene Kostenschätzung abgeben können, ist nicht wettbe­wer­bs­widrig und verstößt nicht gegen das geltende Berufsrecht der Zahnärzte. Auch die Zahlung eines Entgeltes nach erfolgreich zustande gekommener Behandlung in Höhe von 20 % des mit dem Patienten vereinbarten Honorars an die Platt­form­be­treiber ist nicht zu beanstanden. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Beklagte betreibt eine Inter­net­plattform, auf der Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einstellen und alsdann andere Zahnärzte innerhalb einer bestimmten Zeit eine alternative eigene Kostenschätzung abgeben können. Dem Patienten werden sodann die fünf preis­güns­tigsten Kosten­schät­zungen ohne Angabe der Namen und Adressen der Zahnärzte mitgeteilt. Sofern er sich für eine der Kosten­schät­zungen entscheidet, übermittelt die Beklagte die jeweiligen Kontaktdaten an beide Seiten. Wenn daraufhin ein Behand­lungs­vertrag mit diesem Zahnarzt zustande kommt, erhält die Beklagte von dem Zahnarzt ein Entgelt in Höhe von 20 % des mit dem Patienten vereinbarten Honorars. Nach der Behandlung geben die Patienten auf der Plattform der Beklagten eine Beurteilung des ihnen vermittelten Zahnarztes ab, in der sie insbesondere angeben können, ob sich der betreffende Zahnarzt an seine Kostenschätzung gehalten hat.

Zahnärzte befürchten wettbe­wer­bs­widrigen Verhalten

Die Kläger, zwei in Bayern tätige Zahnärzte, sind der Ansicht, dass die Beklagte die an ihrem Geschäftsmodell teilnehmenden Zahnärzte zu Verstößen gegen Vorschriften in der Berufsordnung für die bayerischen Zahnärzte und damit auch zu einem wettbe­wer­bs­widrigen Verhalten verleitet. Das Landgericht München I und das Oberlan­des­gericht München haben der gegen die Beklagte erhobenen Unter­las­sungsklage stattgegeben. Der Bundes­ge­richtshof hat diese Urteile nun aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Vorgehen der Zahnärzte dient Interessen der anfragenden Patienten und stellt kein dem Grundsatz der Kollegialität zuwider­lau­fendes Verhalten dar

Es ist - so der Bundes­ge­richtshof - nicht zu beanstanden, wenn ein Zahnarzt, auf den ein Patient mit einem von einem anderen Zahnarzt erstellten Heil- und Kostenplan und der Bitte um Prüfung zukommt, ob er die Behandlung kostengünstiger durchführen kann, eine alternative Kosten­be­rechnung vornimmt und, sofern sich der Patient daraufhin zu einem Zahnarztwechsel entschließt, auch dessen Behandlung übernimmt. Das beanstandete Geschäftsmodell erleichtert ein solches Vorgehen und ermöglicht es dem Patienten, weitergehende Informationen zu den Behand­lungs­kosten zu erhalten. In diesem Sinne dient das Verhalten der Zahnärzte, die sich durch die Abgabe von Kosten­schät­zungen am Geschäftsmodell der Beklagten beteiligen, den Interessen der anfragenden Patienten. Dementsprechend kann in einem solchen Verhalten nicht zugleich ein dem Grundsatz der Kollegialität zuwider­lau­fendes und deshalb berufs­un­würdiges Verdrängen von anderen Zahnärzten aus ihrer Behand­lung­s­tä­tigkeit gesehen werden.

Zahlung von Entgelt für vermittelte Patienten nicht zu beanstanden

Soweit die Zahnärzte der Beklagten für jeden über die Plattform vermittelten Patienten, mit dem ein Behand­lungs­vertrag zustande kommt, ein Entgelt zahlen, verstoßen sie im Übrigen auch nicht gegen die Bestimmung der Berufsordnung, die es ihnen verwehrt, für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt zu gewähren. Die Leistung der Beklagten besteht nicht in der Zuweisung von Patienten, sondern im Betrieb ihrer Inter­net­plattform, über die Patienten und Zahnärzte miteinander in Kontakt kommen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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