15.11.2024
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Dokument-Nr. 18015

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Beschluss13.09.2013Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht2 AR 28/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ITRB 2014, 78Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2014, Seite: 78
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss13.09.2013

Illegales Filesharing: Örtliche Zuständigkeit jedes deutschen Gerichtes bei Urheber­rechts­verletzungen im InternetKeine freie Wahl des Gerichts bei absichtlicher Erschwerung der Rechts­ver­tei­digung

Für Prozesse gegen Urheber­rechts­verletzungen im Internet ist grundsätzlich jedes deutsche Gericht örtlich zuständig. Der Kläger kann zwischen diesen frei wählen. Etwas anderes gilt nur, wenn die freie Gerichtswahl der Erschwerung der Rechts­ver­tei­digung dient. Dies geht aus einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine in Österreich ansässige Produzentin von Computerspielen erhob vor dem Amtsgericht Norderstedt Klage gegen den Teilnehmer einer Internet-Tauschbörse, da dieser ein Computerspiel illegal zum Download angeboten haben soll. Der Beklagte rügte daraufhin die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Norderstedt. Die Wahl dieses Gerichts sei rechts­miss­bräuchlich gewesen, da weder die Klägerin noch der Beklagte einen Bezug zu diesem Gericht gehabt haben. Für den Beklagten sei das Amtsgericht Langen in Hessen zuständig gewesen.

Amtsgericht Norderstedt erklärte sich für örtlich unzuständig

Das Amtsgericht Norderstedt erklärte sich für örtlich unzuständig. Seiner Ansicht nach sei die Wahl des Gerichts rechts­miss­bräuchlich gewesen, da sie erkennbar den Zweck gehabt habe, die Rechts­ver­tei­digung des Beklagten zu erschweren und ihn zu schikanieren. Da die Rechtsanwälte der Klägerin ihren Sitz in Hamburg hatten, verwies das Amtsgericht Norderstedt den Fall an das Amtsgericht Hamburg. Dieses konnte jedoch einen Rechts­miss­brauch nicht erkennen und erklärte sich daher ebenfalls für örtlich unzuständig. Nunmehr musste das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entscheiden.

Oberlan­des­gericht hielt Amtsgericht Norderstedt für örtlich zuständig

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied, dass das Amtsgericht Norderstedt örtlich zuständig war. Denn nach § 32 ZPO sei bei Urheber­rechts­ver­let­zungen im Internet grundsätzlich jedes deutsche Gericht örtlich zuständig.

Vorliegen mehrerer örtlich zuständiger Gerichte begründet freie Wahl des Klägers

Hat der Kläger die Wahl zwischen mehreren örtlich zuständigen Gerichten, so das Oberlan­des­gericht weiter, könne er zwischen ihnen frei wählen (§ 35 ZPO). Er sei nicht verpflichtet das Gericht zu wählen, an dem geringere Kosten entstehen, oder auf die Belange des Beklagten Rücksicht zu nehmen. Er dürfe vielmehr bestehende Recht­spre­chungs­un­ter­schiede der Gerichte ausnutzen und ein Gericht allein aus taktischen Gründen wählen.

Einschränkung des Wahlrechts bei Rechts­miss­brauch

Das Wahlrecht sei nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts jedoch dann eingeschränkt, wenn das Wahlrecht aus sachfremden Gründen erfolgt und somit rechts­miss­bräuchlich ausgeübt wird. Davon könne ausgegangen werden, wenn ausgerechnet ein besonders entlegenes Gericht in der Hoffnung ausgewählt wird, der Gegner werde sich im gerichtlichen Verfahren nicht zur Wehr setzen, weil er die Kosten und den erheblichen persönlichen Aufwand einer Reise scheut (Bsp.: LG Aurich, MMR 2013, 249). Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen.

Rechts­miss­bräuchliche Gerichtswahl lag nicht vor

Das Oberlan­des­gericht konnte eine rechts­miss­bräuchliche Gerichtswahl nicht erkennen. Die Klägerin habe sich nicht für ein entlegenes bzw. verkehrsmäßig schlecht angebundenes Gericht entschieden. So grenze Norderstedt direkt an das Hamburger Stadtgebiet an, sei Bestandteil des Hamburger Verkehrs­ver­bundes und gut vom Flughafen Fuhlsbüttel erreichbar. Eine Erschwerung der Rechts­ver­tei­digung oder eine Schikane des Beklagten sei darin nicht zu sehen gewesen.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, ra-online (vt/rb)

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