21.11.2024
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil06.12.2012

Nachbar haftet für Schäden durch Leitungswasser als Nutznießer nachbarlicher GefälligkeitenVersicherung kann Nachbarn für Schadensumme in Regress nehmen

Stellt ein Grund­s­tücks­ei­gentümer seinem Nachbarn einen Außen­was­ser­an­schluss im Garten zur Verfügung, damit dieser Wasser für das Bauvorhaben auf seinem Grundstück nehmen kann, so haftet der Nachbar für Schäden, die durch Leitungswasser aus diesem Anschluss entstehen. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht.

Der beklagte Nachbar des zugrunde liegenden Streitfalls führte im Winter ein Bauvorhaben auf seinem Grundstück durch. Das für den Bau benötigte Wasser erhielt er von dem Eigentümer des benachbarten Grundstücks, der ihm die Nutzung seines Außen­was­ser­an­schlusses gegen Übernahme der für das Wasser entstehenden Kosten gestattete. Der Beklagte ließ durch eine beauftragte Firma an dem vorhandenen Garten­was­serhahn einen Schlauch anschließen, vor den ein Kaltwas­ser­zähler, davor ein Absperrventil und davor ein Entleerungshahn/-stutzen montiert waren. Darüber entnahmen die Baufirmen Wasser. Als der Grund­s­tücks­ei­gentümer Anfang des Jahres aus dem Urlaub zurückkam, bemerkte er, dass das Kellergeschoss seines Hauses unter Wasser stand. Das Wasser war über den Außen­was­ser­an­schluss ausgetreten, der entweder durch Frost zu Bruch gegangen war oder einen Produktfehler an der "aufgefrorenen" Wasseruhr aufwies.

Versicherung verlangt Kosten für Trocknungs- und Sanie­rungs­a­r­beiten vom Nachbarn erstattet

Die Gebäu­de­ver­si­cherung des Grund­s­tücks­ei­gen­tümers zahlte für die Trocknungs- und Sanie­rungs­a­r­beiten im Keller mehr als 18.000 Euro. Anschließend wollte der Versicherer den Nachbarn in Regress nehmen. Der Nachbar berief sich darauf, dass der Schaden nicht allein seinem Verant­wor­tungs­bereich zuzuordnen sei. Es komme auch in Betracht, dass unbefugte Dritte dem Grund­s­tücks­ei­gentümer einen Streich hätten spielen wollen; eventuell habe dieser gar selbst die Entnah­me­vor­richtung unter Wasser gesetzt.

Anspruch auf Schadensersatz folgt aus nachbar­schaft­lichem Gefäl­lig­keits­schuld­ver­hältnis

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied, dass der Nachbar dem Grund­s­tücks­ei­gentümer gegenüber für den entstandenen Leitungs­was­ser­schaden hafte, so dass die Versicherung den Nachbarn in Regress nehmen kann. Der Anspruch folge schon aus dem nachbar­schaft­lichen Gefäl­lig­keits­schuld­ver­hältnis als besonderer Ausprägung des nachbar­schaft­lichen Gemein­schafts­ver­hält­nisses, so die Richter. Ausdrücklich gesetzlich geregelt sei die Haftung in dem Fall, dass ein Überschwem­mungs­schaden infolge eines Bruchs der auf einem Nachba­r­grundstück betriebenen Wasser­ver­sor­gungs­leitung entstehe (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Haftung müsse gleichermaßen (und erst recht) bestehen, wenn die Eigen­tums­be­ein­träch­tigung von einer Leitung ausgeht, die von dem Nachbarn eigennützig auf fremden Grund genutzt werde. Der Grund­s­tücks­ei­gentümer habe seinem Nachbarn allein in dessen Interesse gestattet, seinen für gärtnerische Zwecke vorgesehenen Außenanschluss für die Zuleitung von Bauwasser zu nutzen. Kehrseite einer solchen aus Sicht des Grund­s­tücks­ei­gen­tümers gänzlich fremdnützigen Duldung sei, dass der Beklagte als der alleinige Nutznießer der nachbarlichen Gefälligkeit alle Schäden auszugleichen habe, die aus der damit geschaffenen erhöhten Gefahr resultierten. Das betreffe sowohl die Schäden, die etwa durch Bauarbeiter im Zuge der Nutzung des Anschlusses auf dem Grundstück verursacht würden als eben auch solche, die – und sei es durch bloßen Zufall – auf das erhöhte Anlagenrisiko selbst zurückzuführen seien. Dass, wie der Beklagte mutmaßte, der Grund­s­tücks­ei­gentümer den Anschluss selbst gärtnerisch hätte nutzen wollen und ihn von sich aus befüllt gehalten hätte, liege angesichts der Jahreszeit und des Umstandes, dass er um die Jahreswende im Urlaub war, gänzlich fern, urteilte das Gericht.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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