Sächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil24.05.2023
Unterhaltsvorschuss: In One-Night-Stand-Fällen muss Kindesmutter Unkenntnis der Identität des Vaters glaubhaft machen und zumutbare Ermittlungsmaßnahmen ergreifenKindesmutter trifft Mitwirkungspflicht
Beansprucht eine Kindesmutter nach einem One-Night-Stand Unterhaltsvorschuss, so muss die Kindesmutter im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 UVG glaubhaft machen, dass sie die Identität des Kindesvaters nicht kennt. Zudem muss sie zumutbare Ermittlungsmaßnahmen ergreifen, um die Identität des Kindesvaters zu erfahren. Dies hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2017 hatte eine in Sachsen wohnhafte Frau einen One-Night-Stand mit einem Mann, den sie zuvor in einem Café getroffen hatte. Vier Monate später erfuhr die Frau, dass sie schwanger war. Da sie die Identität des Kindesvaters nicht kannte, begab sie sich zwei- bis dreimal in das Café, um sich nach dem Mann zu erkundigen. Dies blieb aber erfolglos. Nach der Geburt des Kindes beantragte die Kindesmutter Unterhaltsvorschuss. Dieser wurde ihr verweigert, wogegen sie Klage erhob. Das Verwaltungsgericht Leipzig warf ihr vor, nicht ausreichend bei der Identifizierung des Kindesvaters mitgewirkt zu haben und wies die Klage daher ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Kindesmutter.
Glaubhaftmachung der Unkenntnis über Identität des Kindesvaters
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht führte zum Fall aus, dass die Kindesmutter in One-Night-Stand-Fällen ihrer Mitwirkungspflicht aus § 1 Abs. 3 UVG nachkomme, wenn sie glaubhaft macht, die Identität des Vaters nicht zu kennen. Sind die Angaben der Mutter zum Verlauf der Zeugung und der Zeit danach detailarm und pauschal, könne darin eine Weigerung gesehen werden, an der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Dagegen seien detaillierte Schilderungen ein Indiz dafür, dass das Geschilderte auch das Erlebte ist. Ist der Mutter aber eine detaillierte Schilderung nicht möglich, dürfe nicht auf die Unglaubhaftigkeit ihrer Angaben und die Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht geschlossen werden. Die Mitwirkungspflicht umfasste auch nicht, dass aufgrund der Angaben der Kindesvater tatsächlich ermittelt werden kann.
Ergreifung zumutbarer Ermittlungsmaßnahmen
Zudem müsse die Kindesmutter nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts alles ihr Mögliche und Zumutbare tun, um den Kindesvater zu ermitteln. Dies gelte ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Schwangerschaft. Offensichtlich aussichtslose Ermittlungen müsse die Kindesmutter jedoch nicht anstellen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.08.2023
Quelle: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (vt/rb)