Dokument-Nr. 27093
Permalink https://urteile.news/
Sächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil12.02.2019
Ermäßigung von Beiträgen für Kindertagesbetreuung gilt auch bei sogenannten"Patchworkfamilien"Entscheidend ist Anzahl der gemeinsam im Haushalt lebenden Kinder und nicht deren verwandtschaftliches Verhältnis
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die in der Elternbeitragssatzung der Landeshauptstadt Dresden vorgesehene Beitragsermäßigung für Eltern, deren Kinder gleichzeitig eine Kindertagespflege oder eine Kindertageseinrichtung (Kinderkrippe, Kindergarten, Hort) besuchen, auch für solche Kinder in Anspruch genommen werden kann, bei denen die Eltern nicht zugleich auch Eltern der Geschwisterkinder sind.
Im zugrunde liegenden Fall hatten die Eltern eines Kindes geklagt, das zusammen mit seinen Eltern und zwei Halbgeschwistern in einem Haushalt lebt. Die beiden Geschwisterkinder waren jeweils nur mit einem im Haushalt lebenden Elternteil verwandt; das jeweils andere Elternteil lebte außerhalb des Haushalts. Die Elternbeitragssatzung sah in der im Jahr 2015 geltenden Fassung vor, dass für das erste Zählkind ein Elternbeitrag von 100 % des in der Satzung festgesetzten Beitrags zu zahlen ist. Für das zweite Zählkind war eine Absenkung auf 60 % des Beitrags vorgesehen und das dritte Zählkind war beitragsfrei. Die Beklagte Landeshauptstadt Dresden hatte das gemeinsame Kind der Kläger als zweites Zählkind angesehen, weil die Eltern jeweils nur im Verhältnis zu einem der Halbgeschwister leibliche Eltern seien, nicht jedoch im Verhältnis zum anderen Halbgeschwister des gemeinsamen Kindes. Die Kläger machten dagegen geltend, dass ihr gemeinsames Kind als drittes Zählkind beitragsfrei sei. Es sei nicht auf die Verwandtschaft zwischen den Eltern und ihren Kindern abzustellen, sondern darauf, ob sie mit ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben.
Beim Begriff "Eltern" ist nicht auf leibliche Verwandtschaft zwischen Familienmitgliedern abzustellen
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht folgte dieser Auffassung. Es änderte die anderslautenden Urteile des Verwaltungsgerichts Dresden ab und hob die ergangenen Beitragsbescheide auf. Bei dem in der Elternbeitragssatzung sowie im Gesetz über Kindertageseinrichtungen verwendeten Begriff "Eltern" sei nicht darauf abzustellen, ob eine leibliche oder rechtliche (etwa durch Adoption begründete) Verwandtschaft zwischen den Familienmitgliedern bestehe, sondern darauf, ob mehrere Kinder in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dies rechtfertige sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften, die darauf abzielten, aus sozialen Erwägungen der Mehrbelastung von Haushalten mit mehreren Kindern eine Beitragsermäßigung zu gewähren. Diese Auslegung rechtfertige sich dadurch, dass nach der Elternbeitragssatzung und dem Gesetz über Kindertageseinrichtungen nicht nur Eltern mit mehreren Kindern, sondern auch Alleinerziehende beim Vorliegen der satzungsgemäßen Voraussetzungen eine Beitragsermäßigung in Anspruch nehmen könnten, ohne dass dabei auf verwandtschaftliche Beziehungen abgestellt werde.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 15 des Gesetzes über Kindertageseinrichtungen - SächsKitaGElternbeiträge
(1) Die Elternbeiträge werden von der Gemeinde in Abstimmung mit dem Träger der Kindertageseinrichtung und dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgesetzt. Sie werden vom Träger der Kindertageseinrichtung erhoben. Absenkungen sind vorzusehen für
1. Alleinerziehende und
2. Eltern mit mehreren Kindern, die gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle besuchen.
(2) ...
§ 4 der Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Erhebung von Elternbeiträgen Absenkungen gem. § 15 Abs. 1 SächsKitaG
(1) Für Eltern mit mehreren Kindern, die gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung bzw. eine Kindertagespflegestelle gemäß dem SächsKitaG oder einen Hort an Förderschulen besuchen, erfolgt eine Absenkung des Elternbeitrags durch eine Staffelung des Elternbeitrags für die einzelnen Zählkinder. Dabei werden für das erste Zählkind 100 Prozent und für die weiteren Zählkinder entsprechend prozentual herabgesetzte Elternbeiträge erhoben. Die Höhe der Absenkung wird jährlich im Rahmen der Festsetzung der Elternbeiträge gem. § 2 Abs. 2 festgelegt.
(2) Für Alleinerziehende erfolgt ebenfalls eine prozentuale Absenkung des Elternbeitrags. Die Höhe der Absenkung wird jährlich im Rahmen der Festsetzung der Elternbeiträge gem. § 2 Abs. 2 festgelegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.02.2019
Quelle: Sächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online (pm)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27093
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.