21.11.2024
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Dokument-Nr. 26274

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Sozialgericht Stuttgart Gerichtsbescheid29.09.2017

Anspruch auf Leistungs­bewilligung endet nicht aufgrund Arbeits­un­fä­higkeit während genehmigter OrtsabwesenheitArbeitsunfähige Arbeitslose müssen nicht wie gesunde Arbeitslose erreichbar sein und sich im Nahbereich der Agentur für Arbeit aufhalten

Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass einem Anspruch auf Leistungs­fort­zahlung nach § 146 Abs. 1 SGB III der Aufenthalt außerhalb des Nahbereichs der Agentur für Arbeit nicht entgegensteht. Aus dem Wortlaut des § 146 Absatz 1 Satz 1 SGB III geht nicht hervor, dass die Leistungs­fort­zahlung spätestens mit Ablauf der genehmigten Ortsabwesenheit endet, wenn die Arbeits­un­fä­higkeit während genehmigter Ortsabwesenheit und während des Zeitraums mit Anspruch auf Leistungs­fort­zahlung eintritt.

Im zugrunde liegenden Fall stritten die Beteiligten darüber, ob dem Kläger Arbeitslosengeld für den Zeitraum einer im Ausland bescheinigten Arbeits­un­fä­higkeit zusteht.

Agentur für Arbeit hebt Leistungs­be­wil­ligung wegen fehlender Erreichbarkeit auf

Anfang Dezember 2016 erkundigte sich der im Bezug von Arbeits­lo­sengeld stehende Kläger für den Zeitraum vom 22. Dezember 2016 bis zum 8. Januar 2017 nach der Möglichkeit einer Ortsabwesenheit, um diese für eine Heimreise nach Algerien zu nutzen. Die Ortsabwesenheit wurde ihm von der Beklagten genehmigt. Spätestens am 3. Januar 2017 teilte der Kläger der Beklagten aus Algerien telefonisch mit, dass er zum 2. Januar 2017 arbeitsunfähig erkrankt sei. Eine hierüber ausgestellte Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung eines Arztes aus Algerien vom 2. Januar 2017 wurde der Beklagten in übersetzter Form übergeben. Die Krankenkasse des Klägers bestätigte der Beklagten gegenüber, dass der Kläger seine Arbeits­un­fä­higkeit vom 2. Januar 2017 bis 17. Januar 2017 nachgewiesen habe. Die Beklagte hob die vorangegangene Leistungsbewilligung sodann wegen Wegfalls der Verfügbarkeit auf. Der Widerspruch des Klägers, mit dem dieser geltend machte, dass sein Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld nicht untergegangen sein könne, da er im maßgeblichen Zeitraum ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und dies auch ohne jegliche Verzögerung und lückenlos nachgewiesen habe, wurde durch die Beklagte zurückgewiesen. Zur Begründung führte sie an, dass nach ihren (neuen) Geschäfts­an­wei­sungen die Leistungs­fort­zahlung bei Arbeits­un­fä­higkeit während genehmigter Ortsabwesenheit mit Ablauf der genehmigten Ortsabwesenheit ende, sofern sich der Versicherte nicht in stationärer Behandlung befinde und deshalb nicht an den Wohnort zurückkehren könne. Insofern habe sich seit Juli 2016 eine Änderung der fachlichen Weisungen zu § 146 Drittes Buch Sozial­ge­setzbuch ergeben. Die Bewilligung sei wegen fehlender Erreichbarkeit aufzuheben.

Aufenthalt außerhalb des Nahbereichs der Agentur für Arbeit steht Anspruch auf Leistungs­fort­zahlung nicht entgegen

Das Sozialgericht Stuttgart gab der Klage statt. Einem Anspruch auf Leistungs­fort­zahlung nach § 146 Abs. 1 SGB III stehe der Aufenthalt außerhalb des Nahbereichs der Agentur für Arbeit nicht entgegen. Aus dem Wortlaut des § 146 Absatz 1 Satz 1 SGB III gehe nicht hervor, dass die Leistungs­fort­zahlung spätestens mit Ablauf der genehmigten Ortsabwesenheit ende, wenn die Arbeits­un­fä­higkeit während genehmigter Ortsabwesenheit und während des Zeitraums mit Anspruch auf Leistungs­fort­zahlung eintrete. Die Geschäfts­an­weisung 201607031 der Beklagten seit mit dem Wortlaut des § 146 SGB III nicht vereinbar und führe zu einer Schlech­ter­stellung desjenigen, der während einer genehmigten Ortsabwesenheit arbeitsunfähig werde, gegenüber demjenigen, der während des "normalen" Leistungsbezugs arbeitsunfähig werde, obwohl die in beiden Fällen fehlende Leistungs­fä­higkeit des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitslosen einer sofortigen Vermit­tel­barkeit, welche die Residenzpflicht bezwecke, ohnehin entgegenstehe. § 146 Absatz 1 Satz 1 1. Alt. SGB III setze keine Reise­un­fä­higkeit oder stationäre Behandlung des Arbeitslosen voraus. Dies ergebe sich zum einen schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die erste Alternative der unverschuldeten Arbeits­un­fä­higkeit im Vergleich zur zweiten Alternative gerade nicht auf eine stationäre Behandlung abstelle. Arbeitsunfähige Arbeitslose müssten nicht wie gesunde Arbeitslose erreichbar sein und sich im Nahbereich der Agentur für Arbeit aufhalten, da § 146 SGB III auf die Verfügbarkeit für die Leistungs­zahlung gerade verzichte.

Quelle: Sozialgericht Stuttgart/ra-online

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