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Sozialgericht Stuttgart Urteil21.02.2018
Abschluss und Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten und engen Freunden muss klar nachweisbar seinBei fehlendem schriftlichen Darlehensvertrag und fehlender Rückzahlungsvereinbarung ist von Unterhaltsgewährung auszugehen
Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten und engen Freunden strenge Anforderungen zu stellen sind. Fehlen sowohl ein schriftlicher Darlehensvertrag als auch eine in irgendeiner Weise konkretisierte Rückzahlungsvereinbarung muss von einer Unterhaltsgewährung und nicht von einem Darlehen ausgegangen werden.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls befand sich in Ausbildung und bezog zunächst von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Für die Zeit ab dem 1. Dezember 2012 lehnte die Beklagte die Zahlung weiterer Leistungen nach dem SGB II ab. Der Kläger sei zumindest nicht hilfebedürftig, da er regelmäßige Zahlungen von seiner Mutter erhalte. Diese bezahle nicht nur die Miete für sein 1- Zimmer- Apartment in Stuttgart, sondern überweise ihm regelmäßig Geld, mit dem dieser seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Entsprechende Weiterbewilligungsanträge lehnte die Beklagte ebenfalls ab.
Zahlungen der Mutter sind als Einkommen zu berücksichtigen
Die hiergegen gerichtete Klage (Leistungszeitraum insgesamt vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2015) blieb vor dem Sozialgericht Stuttgart ohne Erfolg. Die Zahlungen der Mutter seien als Einkommen zu berücksichtigen. Diese seien so hoch gewesen, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen sei. Entgegen des Vortrags des Klägers habe es sich bei den Zahlungen der Mutter, die vom Gericht im Termin zur mündlichen Verhandlung als Zeugin gehört worden war, auch nicht um Darlehensleistungen gehandelt, sondern sie seien als einkommensgleicher Unterhaltsunterstützung zu qualifizieren.
Nachweis über wirksam abgeschlossenen Darlehensvertrag nicht erbracht
Entscheidend für die Abgrenzung zwischen einkommensgleicher Unterhaltsunterstützung oder Schenkung einerseits und Darlehen andererseits sei, ob zwischen dem Kläger und seiner Mutter, ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, sei es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten und engen Freunden strenge Anforderungen zu stellen. Gegen eine wirksame Darlehensvereinbarung spreche bereits, dass es keinerlei schriftliche Vereinbarung über ein Darlehen gebe. Dies erscheine angesichts einer geflossenen Summe von über 40.000 Euro im streitgegenständlichen Zeitraum mehr als ungewöhnlich. Darüber hinaus sei auch den Überweisungen selbst kein Hinweis auf ein Darlehen zu übernehmen. Vielmehr sei häufig als Verwendungszweck "Lebensunterhalt" angegeben worden.
Zeitpunkt und Form der Rückzahlung nicht vereinbart
Ganz entscheidend gegen eine wirksame Darlehensvereinbarung spreche weiter, dass keine substantiierte, näher darlegbare Rückzahlungsvereinbarung getroffen wurde. Man habe nach den Angaben der Zeugin und des Klägers lediglich vereinbart, dass der Kläger die Unterhaltszahlungen zurückzahlen solle, wenn ihm dies finanziell möglich sei. Wann dies genau sein solle und in welcher Form dann eine Rückzahlung erfolgen solle, sei gerade nicht vereinbart worden. Hierbei sei auch zu beachten gewesen, dass die geleisteten Zahlungen den tatsächlichen Bedarf des Klägers nach dem SGB II deutlich überschritten hätten, so dass selbst im Falle der (nachträglichen) Leistungsgewährung durch die Beklagte die Schulden nicht vollständig beglichen werden könnten. Bislang habe der Kläger auch noch keinerlei Rückzahlungen vorgenommen. Es sei auch keine Regelungen getroffen worden, was passieren solle, wenn dem Kläger die Rückzahlung nicht möglich sein sollte. Eine (gerichtliche) Geltendmachung und Vollstreckung der behaupteten Rückzahlungsansprüche erscheine aufgrund dieser unbestimmten Vereinbarungen mehr als fraglich. Darüber hinaus habe die Zeugin die Zahlungen an ihren Sohn in ihrer eigenen Steuererklärung als "Unterhaltsleistungen" angegeben. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob die Mutter des Klägers familienrechtlich zur Leistung von Unterhalt verpflichtet gewesen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.08.2018
Quelle: Sozialgericht Stuttgart/ra-online
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