21.11.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Beschluss04.06.2012

Wiederholte Pflicht­ver­letzung: Absenkung des Arbeits­lo­sen­geldes II um 100 % im Einzelfall zulässigLeistungs­be­zieher verletzt Pflicht zum Nachweis von Eigenbemühungen um Arbeitsplatz durch Bitte um Bedenkzeit für angebotene Stelle

Bei wiederholter Pflicht­ver­letzung (hier: Weigerung eine Vollzeit­be­schäf­tigung als Schreiner/Tischer anzunehmen) ist eine Absenkung des Arbeits­lo­sen­geldes II um 100 % im Grund­si­che­rungsbezug nach dem SGB II (so genannte "Hartz-Leistungen") im Einzelfall zulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe vor

Der 52 jährige Hilfebedürftige des zugrunde liegenden Streitfalls bezog seit 2005 Grund­si­che­rungs­leis­tungen. Zuletzt hatte die Arbeits­ver­waltung das Arbeits­lo­sengeld II des Hilfe­be­dürftigen von April bis Juni 2011 um 100 % abgesenkt. Mit anschließend erneuter Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt verpflichtete die Arbeits­ver­waltung den Hilfe­be­dürftigen unter Belehrung über die Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung zu Eigenbemühungen um ein Arbeits­ver­hältnis. In der Folge schlug die Arbeits­ver­waltung dem Hilfe­be­dürftigen eine Vollzeit­be­schäf­tigung als Schreiner/Tischler bei einer Perso­na­l­dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft vor. Im Vorstel­lungs­ge­spräch bat der Hilfebedürftige seinen Angaben zufolge im Hinblick auf eine erschwerte Erreichbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln und weitere laufende Bewerbungen um Bedenkzeit. Daraufhin senkte die Arbeits­ver­waltung sein Arbeits­lo­sengeld II für den Zeitraum von Mai bis Juli 2012 um 100 % ab. Gleichzeitig bot die Arbeits­ver­waltung dem Hilfe­be­dürftigen ergänzende Sachleistungen in Form von Lebens­mit­tel­gut­scheinen an, die dieser auch abrief.

Gericht verneint Vorliegen einer unver­hält­nismäßig langen Pendelzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Das Sozialgericht Karlsruhe hat den auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Antrag des Hilfe­be­dürftigen gegen die Absenkung des Arbeits­lo­sengelds abgelehnt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Hilfebedürftige mit seiner Bitte um Bedenkzeit der Sache nach das auf den sofortigen Beginn eines Arbeits­ver­hält­nisses gerichtete Arbeitsangebot ausgeschlagen habe, ohne dass ihm dafür ein wichtiger Grund zur Seite gestanden habe. Damit habe er wiederholt Pflichten zum Nachweis von Eigenbemühungen zur Erlangung von Arbeit verletzt. Von erschwerter Erreichbarkeit der dem Hilfe­be­dürftigen angebotenen Arbeitsstelle könne nicht gesprochen werden. Laut aktueller KVV-Fahrpla­nauskunft betrage die komplette Anreisezeit von der Wohnung des Hilfe­be­dürftigen zum angebotenen Arbeitsplatz – einschließlich Fußwegen – je nach Fahrzeit zwischen 60 und 69 Minuten. Dabei bestehe ein Halbstundentakt. Damit könne keine unver­hält­nismäßig lange Pendelzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angenommen werden, weil der Hilfebedürftige insgesamt für Hin- und Rückweg nicht mehr – sondern deutlich weniger – als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden arbeitstäglich – hier: Vollzeit bei 35 Wochenstunden – benötige.

Ergebnis anderer Bewerbungen abwarten zu wollen ist kein Recht­fer­ti­gungsgrund

Auch seine weitere Einlassung, er habe das Ergebnis anderer Bewerbungen abwarten wollen, rechtfertige keine andere Entscheidung. Zum einen sei der Hilfebedürftige bereits langzeit­a­r­beitslos und zum anderen stehe es ihm jederzeit frei, bei einem günstigeren Arbeitsangebot dieses anzunehmen und im Gegenzug ein bis dahin inngehabtes Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis zu kündigen.

Notwendiger Bedarf des Hilfe­be­dürftigen durch Lebens­mit­tel­gut­scheine gedeckt

Durch die angebotenen Lebens­mit­tel­gut­scheine — eine nach dem Gesetz statthafte ergänzende Sachleistung – sei der notwendige Bedarf des Hilfe­be­dürftigen vorübergehend für drei Monate gewährleistet.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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