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Sozialgericht Karlsruhe Urteil14.12.2016

MAK-Werte: Einhaltung steht Anerkennung einer chronisch obstruktiven Lunge­n­er­krankung als Berufskrankheit nicht entgegenZusammenhang zwischen Erkrankung und Schad­s­tof­fe­in­wir­kungen wahrscheinlich

Arbeitsbedingte Atemwegs­er­kran­kungen können auch durch toxisch-irritative Schadstoffe im Niedrig­kon­zen­tra­ti­o­ns­bereich verursacht werden. Dies hat das Sozialgericht Karlsruhe nunmehr in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im vorliegenden Fall lehnte die beklagte Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung als Berufskrankheit (BK) der Nr. 4302 mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle weder die erforderlichen arbeits­tech­nischen noch die arbeits­me­di­zi­nischen Voraussetzungen. U.a. sei sie bei den im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit als Energie-Anlage­n­elek­tro­nikerin verrichteten Lötarbeiten keinen ausreichenden Schad­s­toff­be­las­tungen durch Blei- und Zinnver­bin­dungen ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen wären, eine Atemwegs­er­krankung zu verursachen. Nach der Stellungnahme ihres Präven­ti­o­ns­dienstes habe die Schad­s­toff­be­lastung in der Raumluft deutlich unter den gültigen Grenzwerten gelegen. Außerdem habe kein Zwang zur Unterlassung der versicherten Tätigkeit bestanden.

Kein Ausschluss von Einzelfällen bei gesetzlicher Definition "im Allgemeinen"

Die deswegen erhobene Klage hatte Erfolg: Auf der Grundlage des Gutachtens eines Arbeits­me­di­ziners und Facharztes für Lungen- und Bronchi­a­l­heilkunde hat das Gericht entscheiden, dass arbeitsbedingte Atemwegs­er­kran­kungen auch durch toxisch-irritative Schadstoffe im Niedrig­kon­zen­tra­ti­o­ns­bereich verursacht werden könnten. Der Arbeits­platz­grenzwert gebe nach der gesetzlichen Definition allein an, bis zu welcher Konzentration eine Gesund­heits­gefahr für Versicherte "im Allgemeinen" nicht bestehe, schließe aber schädliche Auswirkungen im Einzelfall nicht von vorn herein aus. Überdies beinhalte Lötrauch ein sehr komplexes Gemisch von Schadstoffen, aus dem nicht selten Summa­ti­o­ns­effekte der Gefahrstoffe resultierten. Schließlich setze auch der Tatbestand der streitigen BK keine Mindest­be­las­tungsdosis voraus. Der Präven­ti­o­ns­dienst der Beklagten habe dem gegenüber keine konkreten Schad­s­toff­mes­sungen am Arbeitsplatz der Klägerin vorgenommen und in seiner Stellungnahme zudem allein auf einzelne Schadstoffe abgestellt, weshalb diese das Gericht nicht überzeuge.

Voraussetzungen für Berufskrankheit erfüllt

Die Klägerin erfülle auch die medizinische Voraussetzungen der streitigen BK. Insbesondere bestehe mit Wahrschein­lichkeit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen ihrer schwergradigen Lunge­n­er­krankung und den beruflichen Schad­s­tof­fe­in­wir­kungen, nachdem der Sachverständige alle im konkreten Fall in Betracht kommenden unversicherten Konkur­ren­z­ur­sachen mit überzeugender Begründung ausgeschlossen habe. Schließlich bejahte das Gericht auch den Zwang zur Aufgabe der versicherten Tätigkeit, weil die Klägerin nach einem für den Träger der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung erstellten Gutachten selbst leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als drei Stunden täglich verrichten könne.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ ra-online

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