18.10.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil17.02.2012

Hilfeempfänger darf Pflegeheim nicht ohne Rücksprache mit Sozia­l­hil­fe­träger wechselnKein Wunsch- und Wahlrecht eines Hilfeempfängers bei unver­hält­nis­mäßigen Mehrkosten

Ein Hilfeempfänger darf ein Pflegeheim nicht ohne Rücksprache mit dem zuständigen Sozia­l­hil­fe­träger wechseln. Ist ein solcher Wechsel zudem mit unver­hält­nis­mäßigen Mehrkosten verbunden, steht dem Hilfeempfänger kein Wunsch- und Wahlrecht zu. Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.

Im zugrunde liegenden Fall war die 1919 geborene, pflege­be­dürftige Klägerin von September 2009 bis Ende September 2010 vollstationär in einem Altenpflegeheim, in einem Einzelzimmer untergebracht. Der beklagte Sozialhilfeträger übernahm die dort anfallenden Heimkosten von kalendertäglich 76, 73 Euro im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII.

Hilfe­emp­fängerin wechselt ohne Rücksprache in ein anderes, teureres Pflegeheim

Am 30. September 2010 wechselte die Klägerin - ohne vorherige Rücksprache mit dem Beklagten - in ein anderes Seniorenhaus in einer anderen Gemeinde. Die dortigen Heimkosten für ein Einzelzimmer belaufen sich auf kalendertäglich 86,04 Euro. Zu den Gründen des Heimwechsels machte die Klägerin eine ständige Appetit­lo­sigkeit wegen schlechter Essensqualität im vorherigen Altenpflegeheim, eine unzureichende Möglichkeit, sich bei gutem Wetter im Freien aufzuhalten, Bedrohungen durch eine aggressive Mitbewohnerin sowie eine insgesamt aggressive Atmosphäre im Heim und eine unzureichende Ausstattung des Heims geltend. Der beklagte Sozia­l­hil­fe­träger lehnte eine Übernahme der durch den Heimwechsel anfallenden Mehrkosten als unver­hält­nismäßig ab.

Erfüllung des Wunschrechts eines Hilfesuchenden darf nicht mit unver­hält­nis­mäßigen Mehrkosten verbunden sein

Das Sozialgericht Karlsruhe hat die unter Hinweis auf ihr Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich der Pflege­ein­richtung erhobene Klage der Klägerin abgewiesen. Der Sozia­l­hil­fe­träger solle Wünschen der Leistungs­be­rech­tigten, u.a. den Bedarf stationär zu decken, grundsätzlich nur entsprechen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich sei, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden könne. Er solle nach den gesetzlichen Bestimmungen in der Regel Wünschen aber dann nicht entsprechend, wenn deren Erfüllung mit unver­hält­nis­mäßigen Mehrkosten verbunden sei. Das Wunschrecht des Leistungs­be­rech­tigten werde bedeutsam, wenn ein Anspruch auf eine Sozialleistung dem Grunde nach bestehe und mehrere Handlung­s­al­ter­nativen in Betracht zu ziehen seien. Einem Wunschrecht des Hilfesuchenden sei dann nicht Rechnung zu tragen, wenn abzuschätzen sei, dass dessen Erfüllung mit unver­hält­nis­mäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

Wechsel in andere Pflege­ein­richtung war weder aus medizinischen noch aus pflegerischen Gründen notwendig

Im Fall der Klägerin habe mit der Unterbringung in dem bisherigen Heim eine geeignete und zumutbare vollstationäre Unter­brin­gungs­mög­lichkeit bestanden, die ihren objektiv erforderlichen Hilfebedarf, auch in Bezug auf Unterkunft, Pflege, Ernährung und Freizeit­ge­staltung, vollständig abgedeckt habe. Der Wechsel in eine andere Pflege­ein­richtung sei weder aus medizinischen noch aus pflegerischen oder sonstigen Gründen notwendig gewesen. Die von der Klägerin angeführten Gründe griffen nach dem Ergebnis der Beweiserhebung wie auch des über das Heim veröf­fent­lichten MDK-Trans­pa­renz­be­richtes nicht durch. Deshalb habe der Hilfeträger zu Recht die Übernahme der Mehrkosten aus - steuer­fi­nan­zierten - Sozia­l­hil­fe­mitteln abgelehnt.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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