15.11.2024
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Sozialgericht Heilbronn Gerichtsbescheid29.10.2011

Arbeitnehmer nicht zur Unterzeichnung eines neuen Arbeitsvertrags verpflichtetWeigerung zur Vertrags­un­ter­zeichnung zu geänderten Bedingungen stellt kein arbeits­ver­trags­widriges Verhalten dar

Wurde einem Bewerber bereits mündlich ein Arbeitsvertrag zugesagt, ist er nicht verpflichtet, einen abweichenden schriftlichen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Eine Sperrzeit kann auf diese Weigerung nicht gestützt werden. Dies entschied das Sozialgericht Heilbronn.

Im zugrunde liegenden Fall versuchte ein Arbeitgeber, seinen nach mündlicher Vereinbarung eingestellten Mitarbeiter zu bewegen, einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Hierin sollte der Bewerber u.a. zur gelegentlichen Mehrarbeit (Überstunden, Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit) verpflichtet werden. Als sich der Mann weigerte, wurde ihm gekündigt. Der Bewerber meldete sich sodann arbeitslos; gegen die Kündigung ging er nicht vor. Die Agentur für Arbeit verhängte daraufhin eine Sperrzeit von 12 Wochen: Der Mann habe ohne wichtigen Grund Anlass zur Lösung seines Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses gegeben. Denn er habe den ihm vorgelegten Arbeitsvertrag nicht unterschrieben, obgleich er hätte erkennen müssen, dass er hierdurch seine Arbeitsstelle verliere.

Vorsorgliches Kündigen zur Vermeidung gegebenenfalls in der Zukunft auftretender Probleme unzulässig

Seine hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn war erfolgreich. Der Kläger habe sich nicht arbeits­ver­trags­widrig verhalten. Er sei gegenüber seinem Arbeitsgeber nicht dazu verpflichtet gewesen, einen anderen Arbeitsvertrag abzuschließen. Eine solche Pflicht sei mit der Vertrags­freiheit des Arbeitnehmers nicht vereinbar. Die nachgeschobene Begründung der Agentur für Arbeit im Gerichtstermin, der Kläger sei generell nicht bereit gewesen, konkrete Arbeitsaufträge seines Arbeitgebers am Wochenende und an Feiertagen zu übernehmen, sei nicht nachgewiesen. Hierfür trage sie jedoch die Beweislast. Der Arbeitgeber habe dem Kläger auch gar nicht gekündigt, weil er einem konkreten Arbeitseinsatz nicht nachgekommen sei, sondern allein wegen dessen Weigerung, den neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. Zu Unrecht habe die Agentur für Arbeit angenommen, der Arbeitgeber sei vor einer Kündigung nicht verpflichtet, ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers zunächst abzuwarten, sondern könne "vorsorglich" kündigen, um gegebenenfalls in der Zukunft auftretende Probleme zu vermeiden. Etwas anderes könnte aus Sicht des Gerichts gegebenenfalls dann gelten, wenn ein Arbeitnehmer ein schwerwiegendes Fehlverhalten ankündige, was hier ebenfalls nicht nachgewiesen sei. Darüber hinaus sei der Kläger von seinem Arbeitgeber vor der Kündigung auch nicht abgemahnt worden; grob fahrlässiges Verhalten könne ihm schon deshalb nicht vorgeworfen werden.

§ 144 Sozial­ge­setzbuch Drittes Buch [SGB 3] - Ruhen bei Sperrzeit

Erläuterungen
(1) Hat der Arbeitnehmer sich versi­che­rungs­widrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versi­che­rungs­widriges Verhalten liegt vor, wenn

1. der Arbeitslose das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gelöst oder durch ein arbeits­ver­trags­widriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeits­lo­sigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), [...]

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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