23.11.2024
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Dokument-Nr. 27775

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Sozialgericht Heilbronn Beschluss16.08.2019

Bundesagentur für Arbeit muss heiminterne Ausbildung zum Bäckerei­fach­verkäufer vorläufig finanzierenOrgani­sa­to­rische Unstimmigkeiten hinsichtlich der Zuständigkeit zwischen Landratsamt und Bundesagentur für Arbeit dürfen nicht zu Lasten des Antragsteller gehen

Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass die Bundesagentur für Arbeit dazu verpflichtet ist, eine in einem Heim stattfindende Ausbildung zum Bäckerei­fach­verkäufer vorläufig zu finanzieren.

Der 2002 geborene psychisch kranke Antragsteller des zugrunde liegenden Falls lebt in einem Heim. Die monatlichen Kosten der Heimerziehung in Höhe von 5.000 Euro übernimmt derzeit das beigeladene Landratsamt Ludwigsburg. Nach Erwerb des Haupt­schul­ab­schlusses in der heimeigenen Förderschule bewarb sich der Antragsteller erfolgreich für eine im Heim stattfindende Ausbildung zum Bäcke­rei­fach­ver­käufer. Die Ausbildung beginnt am 19. August 2019. Er beantragte am 12. Juni 2019 beim Landratsamt die Kostenübernahme der heiminternen Ausbildung in Höhe von 60,98 Euro pro Betreuungstag. Das Landratsamt leitete den Antrag an die Bundesagentur für Arbeit weiter, welche eine Übernahme der Ausbil­dungs­kosten lediglich telefonisch und per E-Mail ablehnte.

SG verpflichtet Bundesagentur für Arbeit zur vorläufigen Kostenübernahme

Das Sozialgericht Heilbronn verpflichtete die Bundesagentur für Arbeit, dem Antragsteller vorläufig vom 19. August 2019 bis 31. Januar 2020 die Ausbil­dungs­kosten zu gewähren. Durch die Weiterleitung des Antrags vom beigeladenen Landratsamt an die Bundesagentur für Arbeit sei diese nach § 14 SGB IX im Verhältnis zum Antragsteller für die Entscheidung über die Ausbil­dungs­kosten formal zuständiger Träger. Ob die Weiterleitung rechtmäßig erfolgt sei, sei von der Bundesagentur für Arbeit und dem Landratsamt im Nachhinein im Rahmen eines Erstat­tungs­ver­fahrens und nicht auf dem Rücken des Antragstellers zu klären. Im Eilverfahren sei den Interessen des Antragstellers der Vorzug einzuräumen, weil der Antragsteller bei Verweigerung der Förderung der heiminternen Ausbildung Gefahr liefe, die Ausbildung nicht ununterbrochen fortführen zu können. Der Antragsteller verfüge auch nicht über ausreichende Mittel, die Ausbildung auf eigene Kosten vorfinanzieren zu können.

Hinweis zur Rechtslage:

§ 14 Neuntes Buch Sozial­ge­setzbuch - [SGB IX] - Leistender Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger (Auszug)

Erläuterungen

(1) 1 Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungs­pflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. 2 Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. 3 Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. [...]

(2) 1 Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger den Rehabi­li­ta­ti­o­ns­bedarf anhand der Instrumente zur Bedarfs­er­mittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger). 2 Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. 3 Ist für die Feststellung des Rehabi­li­ta­ti­o­ns­bedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. 4 Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger. [...]

(3) Ist der Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online (pm/kg)

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