23.11.2024
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Dokument-Nr. 29694

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Sozialgericht Gießen Gerichtsbescheid04.12.2020

Fiktive Berück­sich­tigung von Unter­halts­zah­lungen bei der Berück­sich­tigung von Leistungen nach dem SGB IIBei Auskunfts­verweigerung Anrechnung von fiktivem Gehalt

Im Rahmen ihrer Mitwirkungs­pflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I muss eine hilfebedürftige Allein­er­ziehende dem Jobcenter gegenüber den Namen des ihr bekannten Kindesvaters nennen, damit mögliche Unter­halts­ansprüche realisiert werden können. Dem steht weder das Persönlichkeits­recht noch eine eingegangene Verpflichtung der allein­er­zie­henden Kindesmutter entgegen, den Namen des Kindesvaters nicht zu nennen. dies hat das Sozialgericht Gießen entschieden.

Streitig ist die Höhe von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere die Anrechnung von Unter­halts­leis­tungen. Die 1971 geborene, im Lahn-Dill-Kreis lebende allein­er­ziehende Klägerin steht beim beklagten Jobcenter im Leistungsbezug. Mit Bescheid vom 22.07.2019 versagte der Beklagte die Leistungen ab August 2019 teilweise in Höhe von 660,00 € monatlich und legte der Berechnung hierbei einen Unter­halts­an­spruch des 2007 geborenen Sohnes der Klägerin nach der Düsseldorfer Tabelle in Höhe von 660,00 € gegen den Kindesvater zugrunde. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg.

Anrechnung von fiktiven Unter­halts­zah­lungen bei Auskunfts­ver­wei­gerung über Kindesvater

Die dagegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Gericht bestätigte zunächst grundsätzlich, dass fiktive Unter­halts­zah­lungen auf den Leistungs­an­spruch der Bedarfs­ge­mein­schaft anzurechnen sind, solange die Klägerin ihren Mitwir­kungs­ver­pflich­tungen durch die Benennung des Kindesvaters nicht nachkommt. Der Beklagte habe zurecht die Leistungen nach §§ 60, 66 SGB I teilweise versagt. Darüber hinaus habe die Klägerin auch kein Recht, die Auskunft über den Namen des leiblichen Vaters ihres Sohnes zu verweigern. Es bestehe kein überragend schützenwertes Interesse der Klägerin an der Verweigerung der Vater­schafts­auskunft, welches die hochrangigen Kindes­in­teressen, die Interessen des leiblichen Vaters sowie die gesetzlich ausdrücklich geschützten fiskalischen Interessen der nur subsidiär zahlungs­pflichtigen staatlichen Gemeinschaft deutlich überwiegen würde.

Angerechneter fiktiver Unterhalt hier zu Hoch

Gleichwohl könne der Beklagte nicht von der höchsten Stufe 10 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen 5.101-5.500 € monatlich) bei der Berück­sich­tigung der Unter­halts­zah­lungen ausgehen. Abzustellen sei viel mehr auf den durch­schnitt­lichen Netto­a­r­beitslohn eines vollzeit­be­schäf­tigten Arbeitnehmers, sodass Stufe 2 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen zwischen 1.901 und 2.300 € monatlich) zugrunde zu legen sei. Das Gericht gelangte zu dem Ergebnis, dass statt des von dem Beklagten angerechneten fiktiven Unterhalts in Höhe von 660,00 € monatlich lediglich ein Betrag von 427,00 € monatlich anzurechnen sei.

Quelle: Sozialgericht Gießen, ra-online (pm/aw)

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