21.11.2024
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Dokument-Nr. 14374

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Sozialgericht Chemnitz Beschluss20.09.2012

Jobcenter muss Ex-Häftling Kosten für Kleidung nach Haftentlassung zahlenBedarf für Erstausstattung von Bekleidung ist nicht vom Regelsatz umfasst

Das Jobcenter muss einem Hartz-IV-Empfänger, der nach einer Strafhaft kaum mehr Kleidung besitzt, die Kosten für die Anschaffung der nötigsten Kleidungsstücke zahlen. Dies entschied das Sozialgericht Chemnitz.

Der 28-jährige Antragsteller des zugrunde liegenden Falls war 18 Monate in Haft. Während dieser Zeit wurde seine Wohnung geräumt, wobei seine alte Kleidung abhandenkam. Das zuständige Jobcenter Erzgebirge in Annaberg-Buchholz lehnte es ab, dem arbeitslosen Haftentlassenen einen Zuschuss zur Anschaffung von Kleidung zu gewähren. Es hatte anlässlich eines Hausbesuchs im Mai 2012 einige Kleidungsstücke in dessen Besitz festgestellt und war der Meinung, dass er weitere Beklei­dungsteile nach und nach aus der Regelleistung beschaffen kann. Außerdem sei der Beklei­dungs­bedarf erst neun Monate nach der Haftentlassung im Juli 2011 angemeldet worden.

Grund­ausstattung muss mehrfaches Wechseln der Kleidung entsprechend der Witte­rungs­ver­hältnisse ermöglichen

Das Sozialgericht Chemnitz verpflichtete das Jobcenter vorläufig zur Zahlung von 175 Euro. Es stützte sich dabei auf § 24 Abs. 3 SGB II, wonach Bedarfe für die Erstausstattung von Bekleidung nicht vom Regelsatz umfasst sind, sondern gesondert erbracht werden. Das Gericht konnte in den wenigen vorgefundenen Kleidungs­stücken keine Grund­ausstattung im Sinne eines "Starterpakets" erkennen. Wichtige Kleidungsstücke, die zu einer Erstausstattung gehören, waren nicht vorhanden. Insbesondere fehlte es fast vollständig an Übergangs- und Winter­be­kleidung (z.B. Winterstiefel) für die nahe kalte Jahreszeit. Dazu mangelte es an Leibwäsche wie Unterwäsche, Strümpfen und einem Schlafanzug. Eine Grund­ausstattung muss einem Hilfeempfänger das mehrfache Wechseln der Kleidung innerhalb einer Woche und zwar entsprechend der Witte­rungs­ver­hältnisse ermöglichen, argumentierte das Gericht.

Anmeldung des Beklei­dungs­bedarfs erst geraume Zeit nach Haftentlassung unerheblich

Als unschädlich sah es an, dass der Beklei­dungs­bedarf erst geraume Zeit nach der Haftentlassung angemeldet wurde. Solange der Bedarf nicht gedeckt ist, kommt es auf den Zeitablauf nicht an, so das Gericht. Verwirkt habe der Antragsteller den Anspruch jedenfalls nicht. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob den Hilfe­be­dürftigen ein Verschulden an dem Verlust der Kleidung trifft, wie es das Jobcenter nahe gelegt hatte. Sofern ein akuter Bedarf besteht, ist dieser zu decken. Die Sicherung der grundlegenden Lebens­be­dürfnisse kann dem Betroffenen nicht wegen eines etwaigen Verschuldens an seiner Notsituation vorenthalten werden.

Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar und damit rechtskräftig.

Quelle: Sozialgericht Chemnitz/ra-online

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