18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.

Dokument-Nr. 34376

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Sozialgericht Berlin Gerichtsbescheid19.02.2024

Kein Honorar für falschen Psycho­the­ra­peutenAllein eine "gute Behandlung von kranken Menschen" rechtfertigt keine Honorarzahlung

Ein Heilbehandler, der seine Zulassung als Psychotherapeut durch Vorlage gefälschter Abschluss­zeugnisse erschlichen hat, hat keinen Anspruch auf ein Honorar für eine vertrag­s­ärztliche Leistung. Auf die Frage, ob er entsprechendes Fachwissen besessen hat oder seine Patienten mit ihm zufrieden gewesen sind, kommt es nicht an.

Der in Berlin wohnende Beklagte wurde im Jahr 2018 vom Amtsgericht Mannheim wegen Urkun­den­fäl­schung, Missbrauchs von Titeln und Betrugs verurteilt. Er hatte sich gegen Geld gefälschte Diplome über ein erfolgreiches Psycho­lo­gie­studium, einen Doktortitel und den Abschluss von Fachprüfungen als Kinder- und Jugend­psy­chologe verschafft und damit die Zulassung zu einem Vertrags­a­rztsitz als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut in Baden-Württemberg erlangt. In der Folge zahlte ihm die Kassenärztliche Vereinigung Honorare in Höhe von mehr als 110.000 Euro aus.

Falscher Therapeut verweist auf zufriedene Patienten

Nach Bekanntwerden des Sachverhalts machte die Kassenärztliche Vereinigung einen Anspruch auf Rückforderung des Honorars geltend. In Höhe von 417 Euro trat sie diesen an die Allgemeine Ortskran­kenkasse (AOK) Niedersachsen ab, welche daraufhin vom Beklagten Zahlung verlangte. Der Beklagte bestritt die Forderung jedoch. Aufgrund diverser Fortbildungen habe er breites Fachwissen besessen, zudem auch sehr eng mit einem Ärzteteam zusam­men­ge­ar­beitet. Nie habe es unzufriedene Patienten oder Beschwerden gegeben. Im übrigen sei über sein Vermögen inzwischen ein Insol­venz­ver­fahren eröffnet worden. Mit ihrer im März 2022 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrte die klagende Krankenkasse, dass ihre Forderung zur Insol­venz­tabelle festgestellt werde. Zugleich klagte sie auf Feststellung, dass sich die Rückforderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründe.

Trotz Fachwissen: Kein Honorar

Das SG hat der Klage stattgegeben und dies wie folgt begründet: Der Beklagte habe auf das erlangte Honorar keinen Anspruch gehabt. Wie schon das Bundes­so­zi­al­gericht überzeugend dargelegt habe, sei die Erbringung ärztlicher Leistungen den Ärzten und Zahnärzten vorbehalten. Arzt in diesem Sinne sei nur der approbierte Heilbehandler. Sofern eine Person ohne diese Voraussetzungen die Behandlung durchgeführt habe, bestehe insgesamt kein Vergü­tungs­an­spruch. Die kassenärztliche Vereinigung habe die Vergütung im vorliegenden Fall also ohne Rechtsgrund geleistet, weshalb ihr ein Erstat­tungs­an­spruch gegen den Beklagten zugestanden habe. Auf den Umstand, dass dem Beklagten ein Versor­gungs­auftrag erteilt worden war komme es ebenso wenig an wie darauf, ob die Menschen, die sich ihm als Patienten anvertraut hatten, zufrieden gewesen seien. Der Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt, denn er habe gewusst, dass er ohne die – durch gefälschte Urkunden erlangte – Approbation bei der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung keine Honora­r­for­derung hätte anmelden können. Wäre es ihm tatsächlich nur darum gegangen, bedürftigen Menschen durch zugewandtes Hören und seelische und moralische Unterstützung zu helfen – so sein Vortrag im Gerichts­ver­fahren – hätte er diese Hilfe jederzeit ehrenamtlich bei einem Sozialverband anbieten können. Hätte er tatsächlich geglaubt, dass allein eine – wie er vortrug – „gute Behandlung von kranken Menschen“ eine Honorarzahlung rechtfertige, wäre das aufwendige Täuschungs­manöver nicht nötig gewesen.

Quelle: Sozialgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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