21.11.2024
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Thüringer Oberverwaltungsgericht Beschluss22.05.2020

Corona-Pandemie: Thüringens Fitnessstudios dürfen öffnenEntscheidung gilt landesweit unter der Voraussetzung das sich Lage nicht verschlechtert

Das Thüringer Ober­verwaltungs­gericht hat mit Beschluss vom 22 Mai 2020 § 12 Abs. 3 Nr. 1 der Thüringer SARS-CoV-2-Maßnahmen­fortent­wicklungs­verordnung vom 12. Mai 2020, wonach Fitnessstudios erst am 1. Juni 2020 öffnen dürfen, außer Vollzug gesetzt. Die Öffnung eines Fitnessstudios setzt jedoch voraus, dass ein Infektions­schutz­konzept erstellt und nachgewiesen wird.

In dem zugrunde liegenden Fall betreibt der Antragsteller ein Fitnessstudio in Apolda und hat zur Begründung seines Eilantrags u.a. darauf verwiesen, dass er mit dem zuständigen Gesundheitsamt ein umfassendes Sicherheits- und Hygienekonzept erarbeitet habe, das die Eröffnung seines Fitnessstudios ermöglicht hätte. Durch die erst zum 1. Juni 2020 vorgesehene Öffnung entstünde ihm ein erheblicher wirtschaft­licher Schaden.

Schließung nicht mehr verhältnismäßig

Der Senat hat nun entschieden, dass die durch die neueste Corona-Verordnung angeordnete Schließung von Fitnessstudios bis zum 31. Mai 2020 sich in einem späteren Haupt­sa­che­ver­fahren wohl nicht mehr als verhältnismäßig erweisen werde und hat deshalb dem Eilantrag des Antragstellers entsprochen: Die durch das SARS-CoV-2-Virus ausgelöste Krankheit COVID-19 zeige weltweit nach wie vor teilweise sehr schwere Verläufe. Auch wenn die Anzahl der neu übermittelten Fälle in Deutschland derzeit rückläufig sei, werde die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland aktuell weiterhin als insgesamt hoch eingeschätzt, für Risikogruppen als sehr hoch. Deshalb sei bei der allein möglichen summarischen Prüfung der vorliegenden sachver­ständigen Äußerungen (insbesondere des Robert-Koch-Instituts) immer noch davon auszugehen, dass der erreichte Status niedriger Fallzahlen und eines rückläufigen Repro­duk­ti­o­ns­faktors nicht stabil sei und deshalb vermieden werden müsse, dass eine vorschnelle Aufhebung der Schutzmaßnahmen die Lage wieder verschärfe. Aber selbst bei Berück­sich­tigung dieser besonderen Risikolage erweise sich die weitere Schließung von Fitnessstudios in Thüringen rechtlich mit hoher Wahrschein­lichkeit als nicht haltbar.

Durch Einhaltung der Hygie­ne­maß­nahmen Verbot faktisch aufgehoben

Der Senat habe keine durchgreifenden Zweifel, dass die Schließung von Fitnessstudios geeignet ist, das Risiko von Infektionen zu vermindern und insbesondere die Entstehung von Infek­ti­o­ns­ketten zu vermeiden. Es bestünden jedoch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber der vollständigen Schließung von Fitnessstudios gleich wirksame und effektive mildere Maßnahmen zur Gefahr­ver­meidung zur Verfügung stehen. Das Gesund­heits­mi­nis­terium habe in der angegriffenen Verordnung eine weitgehende Ausnah­me­vor­schrift für den organisierten Sportbetrieb - auch in geschlossenen Räumen - im Breiten-, Gesundheits-, Reha- sowie Leistungssport einschließlich der Spezialschulen für den Sport auf und in allen nicht öffentlichen und öffentlichen Sport- und Freizeitanlagen unter Berück­sich­tigung der Abstandsregeln und Schutz­vor­schriften und unter Beachtung des Konzeptes des für Sportpolitik zuständigen Ministeriums geschaffen, die dazu führe, dass das an und für sich auch für diese Einrichtungen grundsätzlich bis zum 31. Mai 2020 bestehende Verbot faktisch aufgehoben werde.

Gefahr von Infektionen durch Infek­ti­o­ns­schutzpläne minimalisieren

Die demgegenüber ausgesprochene ausnahmslose fortdauernde Schließung der Fitnessstudios erweise sich als mit dem Grundgesetz nicht vereinbare Ungleich­be­handlung, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe. Jedenfalls sei es nicht erkennbar, dass von vornherein Sportvereine oder gar Sport- und Freizei­t­ein­rich­tungen besser als kommerzielle Anbieter in der Lage sein sollten, notwendige Sicherheits- und Hygie­ne­standards sicherzustellen. Dies gelte umso mehr, als gewerbliche Anbieter auch im Hinblick auf die Sicherung ihrer wirtschaft­lichen Existenz gehalten seien, auf die Einhaltung von Sicherheits- und Hygie­ne­standards zu achten, weil sie sich bei einem Verstoß nicht nur bußgeld­pflichtig machten, sondern auch mit gewer­be­recht­lichen Konsequenzen zu rechnen hätten. Die Gefahr von Infektionen ist nunmehr durch qualifizierte Infek­ti­o­ns­schutzpläne, die durch die Fitnessstudios zu erarbeiten sind, zu minimalisieren. Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die einstweilige Außer­voll­zug­setzung allge­mein­ver­bindlich ist; sie gilt landesweit. Soweit in einzelnen Regionen des Landes sich die epide­mi­o­lo­gische Lage verschlechtern sollte, ist darauf gegebenenfalls mit einschränkenden Anordnungen zu reagieren.

Quelle: Thüringer Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/ku)

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