18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.

Dokument-Nr. 29938

Drucken
ergänzende Informationen

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein Beschluss03.03.2021

Videoaufsicht bei elektronischer Hochschul­prüfung coronabedingt zulässigOhne Video­über­wachung keine Prüfungen

Ohne Erfolg blieb der Versuch eines Studierenden der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen, dass die von ihm in elektronischer Form abzulegenden Prüfungen ohne die vorgesehene Videoaufsicht stattfinden. Sein Antrag an das Schleswig-Holsteinische Ober­verwaltungs­gericht, eine entsprechende Satzungs-regelung der CAU vorläufig außer Vollzug zu setzen, wurde durch einen unanfechtbaren Beschluss als unzulässig verworfen.

Unzulässig sei der Antrag deshalb, weil der Antragsteller sein Ziel auf diesem Wege nicht erreichen und seine Rechtsstellung folglich nicht verbessern könne, so das OVG. Es sei davon auszugehen, dass die CAU davon abgesehen hätte, überhaupt Prüfungen in elektronischer Form vorzusehen, wenn sie diese nicht an eine Videoaufsicht koppeln dürfte. Dies wiederrum habe zur Folge, dass der Antragsteller im Falle eines gerichtlichen Erfolges überhaupt keine Prüfung ablegen könne, weil die alternativ anzubietenden Präsenz­prü­fungen nach der Hochschulen-Corona­ver­ordnung des Landes grundsätzlich noch zu verschieben seien.

Wahl zwischen elektronischen oder späterer Präsenz-Prüfung möglich

Im Übrigen hätte der Antrag auch in der Sache keinen Erfolg gehabt, da der Senat die angegriffene Satzungs­re­gelung über die Videoaufsicht auch unter Beachtung höherrangigen Rechts für voraussichtlich rechtmäßig hält. Das Recht auf Unver­letz­lichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) sei nicht betroffen, da dieses nur vor einem (digitalen) „Eindringen“ in die Wohnung schütze. Die Videoaufsicht erfolge jedoch nicht gegen den Willen der Studierenden. Sie könnten frei entscheiden, ob sie an der elektronischen Prüfung teilnähmen mit der Folge, Kamera und Mikrofon ihres Computers für die Aufsicht zu aktivieren, oder ob sie später eine Präsenzprüfung ablegten. Obwohl diese derzeit nicht durchgeführt werden dürften, sei die Freiwilligkeit ihrer Entscheidung ausreichend gesichert.

Videoaufsicht durch Gebot der Chancen­gleichheit gerechtfertigt

Der mit der Videoaufsicht verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung sei durch das Gebot der Chancengleichheit gerechtfertigt. Danach müsse sichergestellt sein, dass bei einer Prüfung, für die keine Hilfsmittel zugelassen seien, eine Aufsicht unabhängig von der Prüfungsform stattfinden könne. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die Videoaufsicht auch hinreichend geeignet. Dass sie zur Vermeidung von Täuschungs­hand­lungen tatsächlich weniger geeignet sein könne als eine Aufsicht im Rahmen einer Präsenzklausur, weil der Bildschirm des Prüflings nicht einsehbar sei und sich außerhalb des Kamerawinkels unzulässige Hilfsmittel befinden könnten, schade nicht. Auch bei Präsenz­klausuren ließen sich nicht sämtliche Täuschungs­versuche verhindern. Mit technischen Problemen, die zu einem regelhaften Ausfall elektronischer Prüfungen samt Aufsicht führten, sei nach zwischen­zeit­licher Etablierung der Video­kon­fe­renz­technik gerade im Bildungsbereich nicht mehr zu rechnen.

Regelung auch angemessen

Im Übrigen sei vorgesehen, dass die Prüfung bei technischer Undurch­führ­barkeit vorzeitig beendet werde und der Prüfungsversuch als nicht unternommen gelte. Gleichermaßen geeignete Alternativen gebe es gegenwärtig nicht. Schließlich sei die Regelung bei Abwägung der wider­strei­tenden Belange auch angemessen. Die Videoaufsicht führe gegenüber der

Präsenzaufsicht zwar zu einer intensiveren Belastung, doch sei die Teilnahme an der elektronischen Fernprüfung freiwillig und die Freiwilligkeit ausreichend sichergestellt. Zu einem unbeobachtbaren Beobachte werden“ komme es nicht. Anders als etwa bei der Vorrats­da­ten­spei­cherung liege eine Überwachung von Prüfungen in der Natur der Sache und sei den Betroffenen bekannt.

Umfang der Datenerhebung und -verarbeitung in Satzung der CAU hinreichend klar geregelt

Schließlich seien die Voraussetzungen und der Umfang der Datenerhebung und -verarbeitung in der Satzung der CAU hinreichend klar geregelt. Einer Regelung durch den Gesetzgeber habe es nicht bedurft, da er während der Corona-Pandemie bereits die entsprechenden Rechts­grundlagen im Hochschulgesetz geschaffen habe.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, ra-online (pm/ab)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss29938

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI