21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil15.06.2020

Liebesbeziehung zu einem Gefangenen rechtfertigt die Entfernung einer JVA-Beamtin aus dem DienstDiens­tent­fernung wegen schweren Dienstvergehens begründet Entlassung

Eine Beamtin einer Justiz­voll­zugs­anstalt (JVA), die über mehrere Monate eine Liebesbeziehung zu einem Gefangenen eingegangen war und ihm dabei mehrere Nacktfotos von sich übersandt hatte, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Im Dezember 2017 wurden bei einer Postkontrolle in einer JVA zahlreiche Briefe gefunden, die eine - zurzeit vom Dienst freigestellte - Justizvollzugsbeamtin mit einem damaligen Gefangenen ausgetauscht hat, sowie mehrere Nacktfotos von ihr.

Justiz­voll­zugs­beamtin verstößt gegen das Zurück­hal­tungsgebot

Auf die Klage des Landes hat die landesweit zuständige Diszi­pli­na­r­kammer des Verwaltungs-gerichts Trier die Justiz­voll­zugs­beamtin aus dem Dienst entfernt, weil diese gegen das als Kernpflicht von Bediensteten im Strafvollzug ausgestaltete Zurück­hal­tungsgebot (Distanzgebot) verstoßen habe. Die Beamtin sei über mehrere Monate eine Liebesbeziehung zu einem Gefangenen eingegangen. Hierbei sei es unter Verschleierung der wahren Identität zu umfangreichem Briefverkehr - u.a. mit Offenbarung sexueller Vorlieben und Phantasien sowie einer avisierten gemeinsamen Zukunft - sowie zur Überlassung von Nacktfotos von ihr gekommen; ferner hat die Beamtin ein Armband und ein T-Shirt des Gefangenen unerlaubt mit nach Hause genommen.

OVG betonte Gefahr der Erpressbarkeit

Eine Offenbarung der Beziehung und des Briefkontakts gegenüber der Anstaltsleitung sei nicht erfolgt. Mit diesen Verhal­tens­weisen habe sie ein schweres Dienstvergehen begangen und sich insgesamt als untragbar für den öffentlichen Dienst erwiesen. Sie habe aus eigensinnigen Motiven verant­wor­tungslos eine Gefährdungslage für den Strafvollzug geschaffen und dabei alle Kollegen schwer hintergangen, was einer Vertrauensbasis sowohl aus Sicht des Dienstherrn als auch aus Sicht der Allgemeinheit die Grundlage entziehe. Indem sie dem Gefangenen Nacktaufnahmen von sich überlassen habe, habe sie sich in erheblicher Weise erpressbar gemacht. Selbst nachdem der Gefangene verlegt und das Diszi­pli­na­r­ver­fahren eingeleitet worden sei, habe sie über Dritte versucht, ihr distanzloses Verhalten zum Gefangenen aufrecht­zu­er­halten. Schließlich habe die Beklagte sich bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung völlig uneinsichtig insbesondere hinsichtlich des Umstands ihrer Erpressbarkeit gezeigt. Das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienst­ver­richtung in der Zukunft sei damit nachhaltig zerstört.

Berufung der Beklagten wurde abgelehnt

Mit ihrer gegen das verwal­tungs­ge­richtliche Urteil eingelegten Berufung machte die Beamtin geltend, sie habe keine sexuelle oder sonstige intime Beziehung zu dem Gefangenen gehabt. Außerdem sei sie im Jahr 2016 wegen einer akuten Belas­tungs­re­aktion und einer Anpas­sungs­störung in ärztlicher Behandlung gewesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht wies nach Durchführung einer Beweisaufnahme, bei der unter anderem die aufgefundenen Briefe verlesen, der Gefangene als Zeuge vernommen und die Beamtin angehört wurden, die Berufung zurück.

Briefe beweisen Beziehung zu Gefangenen

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Justiz­voll­zugs­beamtin eine sexuelle bzw. Liebesbeziehung zu dem Gefangenen über mehrere Monate eingegangen sei. Dies ergebe sich unzweifelhaft aus den aufgefundenen Briefen. Die Angaben sowohl des Gefangenen als auch der Beamtin selbst erschienen demgegenüber als nicht glaubhaft. Hiervon ausgehend teile das Gericht die Rechts­auf­fassung der Vorinstanz, dass die Beamtin ein schweres Dienstvergehen begangen habe, dass ihre Entfernung aus dem Dienst erfordere. Für eine verminderte Steue­rungs­fä­higkeit der Beamtin seien keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/ku)

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