23.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil15.11.2010

Keine schädlichen Auswirkungen auf Einzelhandel durch benachbartes EinkaufscenterKlagen gegen Factory-Outlet-Center in Montabaur bleiben ohne Erfolg

Das Oberver­walt­ngs­gericht Rheinland-Pfalz hält die Gefahr erheblicher Umsatzeinbußen für den Einzelhandel in Innenstädten durch die Errichtung eines nahegelegenen Fabri­k­ver­kaufs­zentrum für nicht gegeben. Der Bebauungsplan für ein Factory-Outlet-Center (FOC) in Montabaur begegnet daher keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken und ist daher wirksam.

Im zugrunde liegenden Fall wollte die Stadt Montabaur im Bereich des ICE-Bahnhofs unmittelbar an der Bundesautobahn A 3 ein Fabrikverkaufszentrum vor allem für Bekleidung ansiedeln. Gegen den Bebauungsplan haben die Städte Limburg, Koblenz und Neuwied Normen­kon­trol­lanträge gestellt. Sie befürchten, das Fabri­k­ver­kaufs­zentrum werde zu erheblichen Umsatzeinbußen für den Einzelhandel in ihren Innenstädten führen. Nachdem Bemühungen des Gerichts um eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits zwischen­zeitlich gescheitert sind, hat die Stadt Koblenz ihren Antrag zurückgezogen. Die Normen­kon­trol­lanträge der Städte Limburg und Neuwied hat das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz abgelehnt.

Bebauungsplan dient als Fortentwicklung

Für den Bebauungsplan bestehe ein besonderer städtebaulicher Anlass. Er diene der Fortentwicklung des Geländes um den ICE-Bahnhof in Montabaur als einzigem ICE-Haltepunkt an dieser Strecke in Rheinland-Pfalz. Demgegenüber handele es sich bei den befürchteten Einflüssen auf den Einzelhandel lediglich um mittelbare Auswirkungen, die in gewissem Maße hinzunehmen seien.

Bebauungsplan entspricht Gebot der planerischen Konflikt­be­wäl­tigung

Der Bebauungsplan entspreche auch dem Gebot planerischer Konflikt­be­wäl­tigung. Er trage den Interessen der Nachbarstädte am Schutz ihres Einzelhandels Rechnung, indem er die zulässige Verkaufsfläche auf 10.000 m² und das Sortiment auf "FOC-typische" Waren wie etwa Auslaufmodelle oder Restposten bestimmter Marken beschränke. Die Begrenzung der Verkaufsfläche und deren Aufteilung auf verschiedene Sortimentstypen (u.a. 66 % Bekleidung, 14 % Schuhe) sei rechtlich auch zulässig.

Einkaufscenter steht in keinem Widerspruch zum so genannten Zentra­li­tätsgebot

Das FOC Montabaur verstoße des Weiteren nicht gegen die übergeordneten Ziele der Raumordnung des Landes. Es stehe namentlich nicht im Widerspruch zum so genannten Zentra­li­tätsgebot nach dem Landes­ent­wick­lungsplan IV. Denn Montabaur sei ein Mittelzentrum, in dem auch Einkaufszentren mit mehr als 2000 m² angesiedelt werden dürften. Das geplante FOC verstoße auch nicht gegen das städtebauliche Integra­ti­o­nsgebot, demzufolge großflächige Einzel­han­dels­be­triebe mit innen­stadt­re­le­vantem Sortiment nur in zentralen Versor­gungs­be­reichen - also insbesondere in Innenstädten - angesiedelt werden dürften. Denn insoweit habe das Landes­in­nen­mi­nis­terium durch einen Zielab­wei­chungs­be­scheid eine Ausnahme für das FOC Montabaur zugelassen. Dieser Bescheid sei mittlerweile bestandskräftig und könne daher im Rahmen der vorliegenden Normenkontrollverfahren nicht überprüft werden. Auch im Übrigen sei das FOC aus raumord­nungs­recht­licher Sicht nicht zu beanstanden.

Erheblichen Umsatzeinbußen für den Einzelhandel sind nicht zu erwarten

Der Bebauungsplan verstoße schließlich auch nicht gegen das interkommunale Abstim­mungsgebot, demzufolge Gemeinden von ihrer Planungshoheit nicht rücksichtslos zum Nachteil der Nachba­r­ge­meinden Gebrauch machen dürften. Bei der gebotenen Gesamt­be­trachtung könne von schädlichen Auswirkungen des FOC auf die klagenden Städte Limburg und Neuwied nicht ausgegangen werden. Mit erheblichen Umsatzeinbußen für den Einzelhandel sei aufgrund der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten und eingeholten Gutachten nicht zu rechnen. Die erwartbare Umsatz­um­ver­teilung liege danach für Neuwied deutlich unter der maßgeblichen Erheb­lich­keits­schwelle von 10 %. Für Limburg sei eine Überschreitung dieser 10 %-Marke in einzelnen Sorti­ments­be­reichen - etwa der Sportbekleidung - zwar nicht gänzlich auszuschließen. In ihrer Gesamtheit führten jedoch auch die in Limburg zu erwartenden Umsatzeinbußen nicht zu einer wesentlichen Beein­träch­tigung.

Ursprüngliches Gutachten beruhe auf veraltete Zahlen - durch Sachver­halt­s­er­mittlung Verfah­rens­fehler jedoch geheilt

Allerdings habe die Stadt Montabaur die Auswirkungen des FOC auf den Einzelhandel in den Nachbarstädten zunächst nur unzureichend ermittelt. Das ursprüngliche, im Planauf­stel­lungs­ver­fahren eingeholte Gutachten beruhe auf veralteten Zahlen und weise zudem weitere Mängel auf. Es sei daher als alleinige Grundlage der interkommunalen Abstimmung nicht geeignet gewesen. Dieser Verfah­rens­fehler bei der Sachver­halt­s­er­mittlung sei jedoch im Rahmen der maßgeblichen Planer­hal­tungs­vor­schriften geheilt worden. Nach den nunmehr verfügbaren Erkennt­nis­mitteln sei mit hinreichender Wahrschein­lichkeit davon auszugehen, dass der Rat der Stadt Montabaur den Bebauungsplan für das FOC auch bei ordnungsgemäßer Sachver­halt­s­er­mittlung in der vorliegenden Form beschlossen hätte.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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