Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss04.07.2022
Kein Unterhaltsvorschuss bei gemeinsamem Sorgerecht und umfassenden Umgang des anderen ElternteilsKeine Alleinerziehung des antragstellenden Elternteils
Es besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben und der andere Elternteile einen umfassenden Umgang mit dem Kind wahrnimmt. In diesem Fall liegt keine Alleinerziehung des antragstellenden Elternteils vor. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2017 beantragte die Mutter von Zwillingen Unterhaltsvorschuss. Sie hatte zusammen mit dem Kindesvater das Sorgerecht. Zudem nahm der Kindesvater ein umfassenden Umgang mit den Kindern wahr. So betreute der Kindesvater die Kinder mehr als ein Drittel der Schulzeiten. Die Ferienzeiten und die Feiertage waren hälftig aufgeteilt. Davon ausgehend lehnte die zuständige Behörde die Gewährung von Unterhaltsvorschuss ab. Sie hielt die Kindesmutter für nicht alleinerziehend, da die Erziehungsaufgaben zwischen den Eltern weitgehend aufgeteilt seien. Die Kindesmutter erhob nach erfolglosem Widerspruch schließlich Klage. Das Verwaltungsgericht Minden wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Kindesmutter.
Kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Kindesmutter stehe kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss zu. Sie sei nicht als alleinerziehend im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes anzusehen. Das Gesamtbild des hier vereinbarten Sorgerechts einschließlich der Aufteilung des persönlichen Umgangs im Wechselmodell lasse objektiv den Eindruck einer Alleinerziehenden nicht entstehen. Vielmehr entspreche das Gesamtbild dem einer vollständigen Familie, in der eine wechselseitige Unterstützung der Eltern bei der Bewältigung der familiären Alltagsituationen erfolge.
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Keine Alleinerziehung bei gemeinsamen Sorgerecht und Aufteilung der Schulzeiten
In Fällen, in denen ein vollständig gemeinsames Sorgerecht mit einem Umgangsrecht für einen Elternteil vereinbart ist und tatsächlich praktiziert wird, das jedenfalls mehr als ein Drittel der Schulzeiten erfasst, scheide nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht die Annahme aus, ein Elternteil sei alleinerziehend. Keines der Elternteile müsse bei dieser Ausgestaltung der elterlichen Sorge Alltag und Erziehung der Kinder allein bewältigen, worin der Gesetzeszweck für den Unterhaltsvorschuss liege.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2025
Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (vt/rb)