21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Münster Urteil29.11.2022

Ausnahme für eine weitere Beratungsstelle ohne Leitung durch einen anderen SteuerberaterAnspruch auf Ausnah­me­ge­neh­migung bei fehlender konkreter Gefährdung von Berufspflichten

Das Ober­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass die Steuer­be­ra­ter­kammer Westfalen-Lippe einem Steuerberater eine Ausnah­me­ge­neh­migung dafür erteilen muss, dass dieser seine weitere, circa 40 km von seiner beruflichen Niederlassung entfernte Beratungsstelle ohne einen anderen Steuerberater als Leiter betreiben darf.

Steuerberater können neben der notwendig zu unterhaltenden beruflichen Niederlassung weitere Beratungs­stellen unterhalten, soweit dadurch die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Leiter der weiteren Beratungsstelle muss grundsätzlich ein anderer Steuerberater oder Steuer­be­voll­mäch­tigter sein, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Beratungsstelle oder in deren Nahbereich hat. Die für die berufliche Niederlassung zuständige Steuer­be­ra­ter­kammer kann auf Antrag eine Ausnahme von diesem „Leite­rer­for­dernis“ zulassen. Kriterien für die Entscheidung über eine Ausnahme sind in der Berufsordnung der Steuerberater aufgeführt. Die Beklage hatte den Antrag des Klägers aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Leite­rer­for­dernis für seine weitere Beratungsstelle abgelehnt. Auch wenn keine konkrete Gefährdung der Berufspflichten drohe, müssten atypischer Umstände gegeben sein, um dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis Rechnung zu tragen, woran es fehle.

OVG bejahrt Ausnahme bei fehlender konkreter Gefährdung von Berufspflichten

Das OVG ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Das Erfordernis, für eine weitere Beratungsstelle einen anderen Steuerberater als Leiter einzusetzen, beruht auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass die gleichzeitige Leitung einer Haupt­nie­der­lassung und einer auswärtigen Beratungsstelle grundsätzlich im Sinne einer abstrakten Gefahr die gewissenhafte Berufsausübung eines Steuerberaters gefährdet. Die Bundessteu­er­be­ra­ter­kammer hat in Wahrnehmung ihrer Regelungs­au­tonomie in der Berufsordnung Bewer­tungs­kri­terien bestimmt, die bei der Beurteilung heranzuziehen sind, ob im Einzelfall eine Gefahr für die Verletzung von Berufspflichten ausgeschlossen ist. Ergibt die von der Steuer­be­ra­ter­kammer nach den in der Berufsordnung festgelegten Bewer­tungs­kri­terien durchzuführende Einzel­fa­ll­prüfung, dass eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten im Einzelfall nicht zu erwarten ist, besteht ein Anspruch des Steuerberaters auf die Zulassung der Ausnahme. Insofern ist der zuständigen Steuer­be­ra­ter­kammer kein Ermes­sens­spielraum mehr eröffnet. Insbesondere darf nicht zusätzlich auf das Vorliegen atypischer Umstände abgestellt werden.

Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen

Der Senat hat die Revision zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil die Entschei­dung­s­praxis zwischen den verschiedenen Steuer­be­ra­ter­kammern stark differiert. So hatte der Kläger vor dem Wechsel seiner Niederlassung von der damals zuständigen Steuer­be­ra­ter­kammer Düsseldorf mehrfach die begehrten Ausnahmen für eine weitere Beratungsstelle erteilt bekommen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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