21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Münster Urteil22.12.2011

Religiöse Gründe: Schule musste Schüler vom Besuch des Kinofilms "Krabat" befreienEinige Filmszenen widersprechen den Glaubens­überzeugungen der Eltern

Der Schulleiter eines Gymnasiums musste einen Schüler vom Besuch des Kinofilms "Krabat" befreien, den die 7. Klasse im Rahmen des Deutsch­un­ter­richts als verbindliche Schul­ver­an­staltung durchführte. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht Münster entschieden.

Die Eltern des 12-jährigen, die den Zeugen Jehovas angehören, beantragten die Befreiung ihres Sohnes, weil ihre Religion ihnen alle Berüh­rungs­punkte mit Spiritismus und schwarzer Magie verbiete. Die Klasse hatte vor dem Kinobesuch im Unterricht das Buch "Krabat" von Otfried Preußler besprochen, woran der Sohn teilnahm. Der Schulleiter lehnte den Antrag ab, weil er darin einen "Präzedenzfall" sah. Das Verwal­tungs­gericht bestätigte diese Entscheidung unter Hinweis auf den staatlichen Bildungs- und Erzie­hungs­auftrag. Gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts hatten die Eltern des Schülers Berufung eingelegt, der das Oberver­wal­tungs­gericht mit dem eingangs genannten Beschluss stattgegeben hat.

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Schulleiters für rechtswidrig erklärt. Die Eltern hätten nachvollziehbar und überzeugend ihre ernsthafte Glaubens­über­zeugung dargestellt, nach der sie das im Buch beschriebene und im Film zur Anschauung gebrachte Praktizieren schwarzer Magie ablehnen. Der vom Grundgesetz gebotene schonende Ausgleich der wider­strei­tenden Rechts­po­si­tionen sei unter Aufrecht­er­haltung der Teilnah­me­pflicht des Sohnes nicht möglich gewesen. Insbesondere sei es dem Sohn nicht zumutbar gewesen, bei denjenigen Filmszenen, die seinen Glaubens­über­zeu­gungen und denen seiner Eltern widersprachen, entweder die Augen zu verschließen und sich die Ohren zuzuhalten oder den Kinosaal für die Dauer dieser Szenen zu verlassen. Da der Sohn an der Besprechung des Buches im Unterricht sowohl vor als auch nach dem Kinobesuch teilgenommen habe, müsse der staatliche Bildungs- und Erzie­hungs­auftrag im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise zurücktreten.

Quelle: ra-online, Oberverwaltungsgericht Münster (pm/pt)

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