18.10.2024
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Dokument-Nr. 30642

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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss03.08.2021

OVG setzt Schließung von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Einrichtungen sowie Shisha-Bars bei einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 10 AußervollzugRegelung stellt derzeit keine notwendige Schutzmaßnahme mehr dar

Das Ober­verwaltungs­gericht Lüneburg hat mit Beschluss 1 § 9 Abs. 5 der Nieder­säch­sischen Corona-Verordnung vom 30. Mai 2021 (zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.7.2021, im Folgenden: Corona-VO), der die Schließung von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Einrichtungen sowie Shisha-Bars ab einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 10 anordnet, einstweilig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragstellerin, die eine Shisha-Bar in Delmenhorst betreibt, hatte sich mit einem Normen­kon­trol­leil­antrag gegen diese Regelung sowie gegen § 1 a Abs. 1 und 2 Corona-VO gewandt und argumentiert, die Schließung sei unver­hält­nismäßig. Nach den vom RKI aufbereiteten Daten spiele das Infek­ti­o­ns­umfeld “Gaststätte“ oder „Shisha-Bar“ nur eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus seien die Inzidenz-Werte willkürlich gewählt und nicht mehr hinreichend aussagekräftig, da sie die notwendigen Parameter nur unzureichend berück­sich­tigten.

OVG: Schließung keine notwendige Schutzmaßnahme mehr

Das OVG hat dem Eilantrag auf § 9 Abs. 5 Corona-VO entsprochen. Es handele sich bei der Schließung der genannten Einrichtungen nicht um eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes (IfSG). Insbesondere lägen die speziellen Voraussetzungen des § 28 a Abs. 3 IfSG nicht vor. Diese Vorschrift sehe drei unter­schiedliche Inzidenz­be­reiche (über 50, über 35, unter 35) vor. Dies schließe es aus, die derzeit angeordnete Schließung von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Eirichtungen sowie Shisha-Bars bereits bei einem 7-Tage-Inzidenzwert von mehr als 10 anzuordnen. Unterhalb einer 7-Tage-Inzidenz von 35 kämen bei der im Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz vorgesehenen Staffelung lediglich allgemeine Regelungen, wie Test- und Maskenpflicht sowie die Kontakt­da­te­n­er­hebung, äußerstenfalls Zugangs­be­schrän­kungen in Betracht. Generelle Betrie­bs­schlie­ßungen einzelner Branchen seien damit nicht vereinbar.

Anpassung der Schwellenwerte an geänderte Sachlage erforderlich

Im Hinblick auf das Fortschreiten der Immunisierung der Bevölkerung und der damit verbundenen weitgehenden Beschränkung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens auf weniger vulnerable (jüngere) Gruppen eine Anpassung der Schwellenwerte an die geänderte Sachlage erforderlich sei. Auf Grundlage der derzeit geltenden Schwellenwerte könnten schwerwiegende Grund­recht­s­ein­griffe nur noch für einen kurzen Überg­angs­zeitraum gerechtfertigt werden. Eine Unterminierung der komplexen Pande­mie­be­kämp­fungs­strategie des Antragsgegners sei durch die vorläufige Außer­voll­zug­setzung nicht zu befürchten. § 9 Abs. 5 Corona-VO sei nicht Bestandteil eines zwischen allen Bundesländern abgestimmten Gesamtkonzepts. Die Verordnung enthalte in ihrem § 1 f Abs. 2 Regelungen etwa zu Hygie­ne­kon­zepten, Kapazi­täts­be­schrän­kungen und Testver­pflich­tungen, die vorübergehend auch oberhalb der 7-Tage-Inzidenz von 10 auf Diskotheken, Clubs und ähnliche Einrichtungen sowie Shisha-Bars angewendet werden könnten.

Regelung in Niedersachsen nicht mehr zu beachten

Es müsse der gebotenen Neuregelung der Schwellenwerte überlassen bleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen diese Einrichtungen, die fraglos zu einem erhöhten Infek­ti­o­ns­risiko führten, wieder geschlossen werden sollten. Die Außer­voll­zug­setzung des § 9 Abs. 5 Corona-VO ist allge­mein­ver­bindlich, d.h. die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten. Hinsichtlich der Regelungen in § 1 a Abs. 1 und 2 Corona-VO hat der Senat den Antrag wegen fehlender Antragsbefugnis verworfen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (pm/ab)

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