Oberlandesgericht Thüringen Urteil30.06.2016
Mangelhaftes Bauwerk aufgrund möglicher Schädigung der Bodenplatte durch betonaggressives GrundwasserKosten der dauerhaften Grundwasserabsenkung nicht unverhältnismäßig
Ein Bauwerk ist mangelhaft, wenn während der Errichtung ein unzureichender Beton verwendet wurde und dadurch die Bodenplatte dem betonaggressiven Grundwasser nicht standhalten wird. Als Mangelbeseitigung kommt allein die dauerhafte Absenkung des Grundwassers in Betracht. Die dadurch entstehenden Kosten von bis zu 150.000 EUR sind nicht unverhältnismäßig. Dies hat das Thüringer Oberlandesgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2008 wurde eine Baufirma mit der Errichtung eines Einfamilienhauses mit Keller beauftragt. Das zu bebauende Grundstück war betonaggressivem Grundwasser ausgesetzt, wodurch ein spezieller Beton für die Bodenplatte und die Kellerwände erforderlich war. Die Baufirma verwendete aber einen unzureichenden Beton. Nach Fertigstellung des Hauses klagte der Bauherr aufgrund dessen auf Schadensersatz in Höhe von 150.000 EUR. Dieser Betrag entsprach den zu erwartenden Kosten, die für eine dauerhafte Absenkung des Grundwassers erforderlich waren. Die Baufirma hielt den Betrag für unverhältnismäßig. Zudem führte sie an, dass nicht feststehe, dass die Bodenplatte durch das Grundwasser geschädigt wurde.
Landgericht gab Schadensersatzklage statt
Das Landgericht Erfurt gab der Schadensersatzklage statt. Seiner Auffassung nach sei das Kellerbauwerk mangelhaft, weil der verwendete Beton nicht dem Stand der Technik entspricht. Dabei sei es unerheblich, ob feststehe, dass die Bodenplatte durch das Grundwasser bereits geschädigt wurde. Denn es stehe fest, dass es zu zeitweisen Grundwasserberührungen kommt und der verwendete Beton mangelhaft sei. Da die Herstellung einer mangelfreien Bodenplatte den Abriss des Hauses erfordern würde, komme als einzig sinnvolle Sanierungsmaßnahme die dauerhafte Grundwasserabsenkung in Betracht. Die dadurch entstehenden Kosten von bis 150.000 EUR seien nicht unverhältnismäßig. Gegen diese Entscheidung legte die Baufirma Berufung ein.
Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Schadensersatzanspruch
Das Thüringer Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Baufirma zurück. Dem Bauherrn stehe der geltend gemachte Schadenersatzanspruch zu. Die Bodenplatte sei im Sinne von § 633 Abs. 2 Nr. 1 BGB mangelhaft. Denn sie könne dem betonaggressiven Grundwasser nicht standhalten. Für die Mangelhaftigkeit sei es nicht erforderlich, dass der Beton bereits tatsächlich geschädigt ist. Ausreichend sei, dass der Beton dem Grundwasser ausgesetzt ist. Dies sei hier der Fall.
Verhältnismäßigkeit der Höhe des Schadensersatzes
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei die Höhe des Schadensersatzes nicht unverhältnismäßig. Denn ein Besteller könne grundsätzlich im Wege des Schadensersatzes die Aufwendungen fordern, die erforderlich seien, um das Werk in einen mangelfreien Zustand zu versetzen. Zudem sei im vorliegenden Fall zu beachten, dass das Einfamilienhaus mit der mangelhaften Bodenplatte geradezu elementar geschädigt sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.12.2018
Quelle: Thüringer Oberlandesgericht, ra-online (vt/rb)