15.11.2024
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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil16.10.2008

Förderung der Entwicklung von Atomwaffen für Libyen: Deutscher Ingenieur wegen Verstoß gegen das Kriegs­waf­fen­kon­troll­gesetz verurteilt5 Jahre und 6 Monate Freiheitsstrafe für deutschen Ingenieur

Wer gegen das Kriegs­waf­fen­kon­troll­gesetz verstößt, muss mit scharfen Strafen rechnen, wie ein Urteil des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart zeigt. Der 4. Strafsenat - Staats­schutzsenat- des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart hat den Angeklagten Gotthard L. wegen Förderns der Entwicklung von Atomwaffen zu der Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Der Angeklagte hat nach einer vorangegangenen Absprache zwischen dem Senat, der Bundes­an­walt­schaft und seiner Verteidigung eingeräumt, zwischen 2000 und 2003 in Südafrika den früheren Mitbe­schul­digten Gerhard W. und dessen mittlerweile verstorbenen Chefingenieur Daniel G. sowie weitere Beteiligte bei der Herstellung und Produktion des Rohrsystems einer Gasul­tra­zen­tri­fu­ge­n­anlage zur Hochan­rei­cherung von Uran durch wiederholte technische Hilfestellungen und bei der Anforderung von Zahlungen unterstützt zu haben. Der Angeklagte hat zur Abwendung einer Verfa­ll­s­a­n­ordnung zudem insgesamt 3.500.000,00 € an die Staatskasse bezahlt.

Die Uranan­rei­che­rungs­anlage war von dem pakistanischen Atomwis­sen­schaftler Dr. Abdul Quader Khan für das libysche Nuklea­r­waf­fen­programm geplant worden, sie sollte aus ca. 10.000 Einzel­zen­trifugen bestehen. Zu einer Auslieferung der in Südafrika fertig gestellten Verroh­rungs­anlage kam es nicht, nachdem aufgrund geheim­dienst­licher Hinweise das aus Malaysia kommende und mit Gasul­tra­zen­tri­fu­gen­teilen beladene deutsche Frachtschiff "BBC China" am 3. Oktober 2003 im Mittelmeer gestoppt worden war. Libyen hat am 19. Dezember 2003 die Existenz seines Atomwaf­fen­pro­gramms öffentlich gemacht und seine Programme zur Herstellung von Massen­ver­nich­tungs­waffen aufgegeben. Vom Bau einer Atomwaffe war das Land nach Feststellungen der IAEA zu diesem Zeitpunkt noch einige Jahre entfernt.

Das Strafverfahren vor dem Oberlan­des­gericht ist durch mehrere Besonderheiten gekennzeichnet

Die deutsche Justiz ist zur Verfolgung dieser Tat aufgrund der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit des Angeklagten zuständig. Die Tatorte liegen jedoch überwiegend in Südafrika, Malaysia, Türkei, Pakistan, Libyen, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Schweiz. Viele Zeugen waren zudem in Staaten zu laden, mit denen keine Rechts­hil­fe­ab­kommen bestehen. Teilweise blieben Rechts­hil­fe­er­suchen bis heute unbeantwortet. Eine erste Haupt­ver­handlung fand vom 17.03. bis 26.07.2006 vor dem Landgericht Mannheim statt, das diese aber, u .a. wegen umfangreicher nachgereichter Akten, abgebrochen hatte. Der Gesetzgeber hat durch die zum 31.12.2006 geänderte Zustän­dig­keits­re­gelung in § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GVG bestimmt, dass für derartige Straftaten die Oberlan­des­ge­richte am Sitz einer Landesregierung für das Gebiet dieses Landes zuständig sind. Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hatte daher das Verfahren mit Beschluss vom 30.10.2007 übernommen.

Auszug aus dem Gesetz:

§ 19 KWKG lautet:

1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1. Atomwaffen im Sinne des § 17 Abs. 2 entwickelt, herstellt, mit ihnen Handel treibt, von einem anderen erwirbt oder einem anderen überlässt, einführt, aus-führt, durch das Bundesgebiet durchführt oder sonst in das Bundesgebiet oder aus dem Bundesgebiet verbringt oder sonst die tatsächliche Gewalt über sie ausübt,

(...)

(2) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1. (...)

2. durch eine im Absatz 1 bezeichnete Handlung

a) (...),

b) das friedliche Zusammenleben der Völker oder

c) die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gefährdet.

(...)

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16.10.2008

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