18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 27322

Drucken
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil14.02.2019

Irreführende und unvollständige Tuningwerbung untersagtAngegebene Parameter der Leistungs­stei­gerung entsprechen nicht den Tatsachen

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hat der Firma RaceChip Chiptuning GmbH & Co. KG verboten, Module zur Leistungs­stei­gerung von Kraftfahrzeugen zu bewerben oder in Verkehr zu bringen, sofern die angegebenen Parameter der Leistungs­stei­gerung - wie anhand bestimmter Werbebeispiele dokumentiert - nicht den Tatsachen entsprechen. Zudem wurde dem Unternehmen - ebenfalls in Bezug auf ein bestimmtes Werbebeispiel - verboten, Module zur Leistungs­stei­gerung von Kraftfahrzeugen zu bewerben oder in Verkehr zu bringen, wenn für die jeweiligen Module kein Teilegutachten vorliegt und in der Werbung und den Angeboten für diese Modelle kein deutlicher Hinweis darauf erfolgt, dass sie nur mit einer zusätzlichen kosten­pflichtigen Einzelabnahme verwendet werden dürfen.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Falls, Vertreiberin von sogenannten Tuningchips - also Modulen die zur Leistungs­stei­gerung (PS/kW, Nm) von Pkw-Motoren eingesetzt werden - bewarb auf ihrer Homepage im Onlineshop drei verschiedene Varianten von Chip-Tuning-Modulen. Die Module unterscheiden sich im Preis und der Leistungs­stei­gerung. So wurde beispielsweise das Modul "RaceChip Pro 2" für einen BMW 320d 184 PS mit einer Leistungs­stei­gerung von "+43PS" ausgewiesen. Ausweislich des diesem Modul beigefügten Teilegutachtens der TÜV Austria Automotive GmbH beträgt die Leistungs­stei­gerung (nach Umrechnung von kW in PS) lediglich "+29 PS". Das Modul "RaceChip Ultimate" für einen VW Golf VII 2. TDI 150 PS wurde mit einer Leistungs­stei­gerung von "+43 PS" ausgewiesen, obwohl das Teilegutachten nur eine solche von "+23 PS" bestätigte. Bei einem weiteren Modul für einen Mercedes E250 CDI 204 PS betrug die Abweichung zwischen dem beworbenen und dem im Teilegutachten ausgewiesenen Wert gar 180 %, nämlich "+57 PS" gegenüber "+20 PS". Diese abweichenden Leistungs­angaben beanstandete die Wettbe­wer­bs­zentrale als irreführende Werbung.

Abmahnung wegen fehlender Mitlieferung von Teilegutachten

Da die Beklagte bei zahlreichen ihrer Module keine Teilegutachten mitlieferte und hierauf in der Werbung auch nicht (ausreichend) hinwies, mahnte die Wettbe­wer­bs­zentrale dies wegen fehlender Angaben wesentlicher Eigenschaften ab. Denn bei Nichtvorliegen eines Teilegutachtens muss der Käufer eines solchen Moduls bei Einbau desselben eine kosten­pflichtige Einzelabnahme bei einer Prüfor­ga­ni­sation in Auftrag geben. Denn andernfalls erlischt die Betrie­bs­er­laubnis des Fahrzeugs. Daneben kann der Halter und Fahrer des Fahrzeugs den Versi­che­rungs­schutz verlieren wenn ein derart getuntes Fahrzeug einen Unfall verursacht, der Hersteller kann Garan­tie­ansprüche ablehnen, es kann eine Ordnungs­wid­rigkeit geahndet werden oder gar strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden.

Werbung mit konkreten Leistungs­stei­ge­rungen im Tuningbereich nur bei korrekten Tatsachen zulässig

Entgegen des Landgerichts Ulm, das die Klage der Wettbe­wer­bs­zentrale abgewiesen hatte, machte das Oberlan­des­gericht Stuttgart deutlich, dass die Klage der Wettbe­wer­bs­zentrale begründet sei. Mit konkreten Leistungs­stei­ge­rungen im Tuningbereich dürfe nur geworben werden, wenn diese den Tatsachen entsprächen. Außerdem müssten die Verbraucher darauf hingewiesen werden, dass bei einem fehlenden Teilegutachten eine Einzelabnahme des Fahrzeugs erforderlich werde. Soweit die Beklagte gegenüber der Wettbe­wer­bs­zentrale außer­ge­richtlich eine Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben hatte sah das Gericht diese nicht als ausreichend an. Denn die Beklagte hatte sich eine Leistungs­ab­weichung von 10 % von der Gesamtleistung (Motorleistung + Modulleistung) vorbehalten und keine ausreichend hohe Vertragsstrafe versprochen.

Aufgrund dieses klaren Votums des Oberlan­des­ge­richts hat die Beklagte die Ansprüche der Wettbe­wer­bs­zentrale noch in der mündlichen Verhandlung anerkannt.

Quelle: Wettbewerbszentrale/ra-online (pm)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27322

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI