Im zugrunde liegenden Fall trafen sich in der Silvesternacht 1995/96 der seinerzeit 8 Jahre und 8 Monate alte Kläger in Begleitung seiner Eltern und die spätere Beklagte mit ihrem 7 Jahre und 7 Monate alten Sohn. Sie sind Nachbarn in einer Reihenhausanlage.
Die Beklagten hatten ihrem Sohn das Abbrennen von - wie sie behaupten - kindergeeigneten, altersgerechten Feuerwerkskörpern unter ihrer Aufsicht gestattet und ihn angewiesen, diese in der Hand zu zünden und sogleich wegzuwerfen. Gegen .30 Uhr zündete der Vater des Klägers diesem eine Wunderkerze an und gab sie ihm in die Hand. Kurz darauf entzündete der Sohn der Beklagten an dieser Wunderkerze einen Knaller, der noch in seiner Hand explodierte. Ob es sich dabei um einen der dem Sohn der Beklagten zur Verfügung gestellten oder einen von ihm aufgesammelten "Blindgänger" gehandelt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Durch die Druckwelle der Explosion wurde der Kläger am rechten Auge verletzt. Es kam zu einem Abriss der Iriswurzel von 4 bis 6 Uhr und einer zentralen Lochbildung in der Netzhaut. Die Pupille ist leicht entrundet. Die Sehschärfe des Auges beträgt nur noch 10 %. Das räumliche Sehen ist eingeschränkt. Zeitweise bildet sich ein Auswärtsschielen mit Doppelbildwahrnehmung aus. Eine Therapiemöglichkeit besteht voraussichtlich nicht. Zum Schutz des gesunden Auges trägt der Kläger jetzt eine Brille.
Das Gericht hat dem Kläger 20.000,- DM als erstrangigen Teilbetrag eines Schmerzensgeldes gemäß §§ 832 Abs. 1, 847 253 BGB zugesprochen.
Die Richter meinten, dass die Beklagten ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, weil sie ihren Überwachungs- und Belehrungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sein. Die Beklagten hätten ihrem damals 7 1/2 jährigen Sohn das Hantieren mit Feuerwerkskörpern überhaupt nicht, auch nicht unter Aufsicht gestatten dürfen. Der Umgang mit Feuerwerkskörpern sei anerkanntermaßen gefährlich und für ein Kind in diesem Alter generell nicht angezeigt. Gerade wenn sie sich in einem noch unreifen Alter befinden, liege es nahe, dass sie mit einer kontrollierten, verantwortungsbewussten und eine Drittgefährdung ausschließenden Handhabung überfordert sind, d. h. ihre eigenen Fähigkeiten über- und die von Feuerwerkskörpern ausgehenden Gefahren unterschätzen.
Nach der Rechtsprechung des BGH haben Eltern deshalb insbesondere kleine - d. h. etwa 7 oder 8 Jahre alte - Kinder nicht nur eindringlich über die Gefährlichkeit des Spiels zu belehren, sondern auch streng darauf zu achten, dass sich die Kinder nicht unerlaubt in den Besitz dieser Gegenstände setzen können (z. B. BGH, NJW 1993, 1003). Selbst wenn die Beklagten - wie vorgetragen - ihrem Sohn verboten haben, ohne ihre Mitwirkung mit Feuerwerkskörpern umzugehen, hätten sie damit rechnen müssen, dass Kinder dazu neigen, im Rahmen eines gesteigerten Spieleifers die ihnen vermittelten Gebote und Verbote zu verdrängen und sich der Freude am Spiel ohne Besinnung auf Ermahnungen hinzugeben. Vor allem wenn Kindern das erste Mal der Umgang mit Feuerwerkskörpern gestattet wird, dürfen sich Eltern nicht darauf verlassen, dass das von ihnen ausgesprochene Verbot ohne weiteres eingehalten wird.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.12.2008
Quelle: ra-online (pt)