Dokument-Nr. 18600
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- NJW-RR 2014, 845Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 845
- NZV 2014, 519Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2014, Seite: 519
- Landgericht Saarbrücken, Urteil01.12.2011, 12 O 323/10
Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil03.04.2014
Hinweispflicht des Busfahrers zur korrekten Positionierung eines Rollstuhls bei erkennbarer schwerer Behinderung eines FahrgastesUnkorrekte Positionierung des Rollstuhls aufgrund zu langer Einparkzeit begründet keine grobe Fahrlässigkeit des Rollstuhlfahrers
Ist die schwere Behinderung eines Fahrgastes für den Busfahrer erkennbar, so muss er sich vergewissern, dass der Fahrgast einen sicheren Halt hat, bevor er losfährt. Dies schließt die Pflicht mit ein, einen Rollstuhlfahrer auf die korrekte Positionierung des Rollstuhls hinzuweisen. Parkt ein Rollstuhlfahrer seinen Rollstuhl quer zur Fahrtrichtung und somit unkorrekt, so liegt darin dann keine grobe Fahrlässigkeit, wenn die Zeit zum Einparken in die korrekte Position mindestens eine Minute dauert. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2010 fuhr ein Rollstuhlfahrer mit einem Linienbus. Er parkte sein Rollstuhl aber nicht auf den dafür vorgesehenen Platz, nämlich entgegen der Fahrtrichtung mit der Rollstuhllehne an der rückwärtigen Lehne einer Sitzbank, sondern vielmehr quer zur Fahrtrichtung. Als der Bus plötzlich stärker abbremste, stürzte der Rollstuhlfahrer halb und verletzte sich. Seiner Meinung nach war dafür der Busfahrer verantwortlich und klagte daher auf Zahlung von Schmerzensgeld. Das Landgericht Saarbrücken wies jedoch seine Klage ab. Zwar sei dem Busfahrer eine Fahrlässigkeit anzulasten gewesen, der Rollstuhlfahrer habe den Sturz aber überwiegend selbst verschuldet. Denn er habe es grob fahrlässig unterlassen seinen Rollstuhl in die korrekte Position zu parken. Gegen diese Entscheidung legte der Rollstuhlfahrer Berufung ein.
Kein überwiegendes Mitverschulden des Rollstuhlfahrers
Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten des Rollstuhlfahrers. Ihm habe ein Anspruch auf Schmerzensgeld zugestanden. Ein überwiegendes Mitverschulden sei ihm nicht anzulasten gewesen. Es sei nicht als grob fahrlässig zu werten gewesen, dass der Rollstuhlfahrer sein Fahrzeug nicht korrekt parkte. Denn der Einparkvorgang hätte nach Einschätzung eines Sachverständigen mindestens eine Minute gedauert. Daher habe der Rollstuhlfahrer zur Überlegung kommen können, dass der Bus schon losfährt, obwohl der Einparkvorgang noch nicht beendet ist. Dies wäre wiederum mit Gefahren für den Rollstuhlfahrer verbunden gewesen. Dennoch habe zumindest ein fahrlässiger Sorgfaltsverstoß des Rollstuhlfahrers vorgelegen. Dies habe zu einer hälftigen Haftungsquote geführt.
Hinweispflicht des Busfahrers zur korrekten Positionierung eines Rollstuhls
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hätte der Busfahrer den Rollstuhlfahrer auf die korrekte Positionierung des Rollstuhls hinweisen müssen. Zwar sei es richtig, dass grundsätzlich jeder Fahrgast selbst für einen sicheren Halt im Bus verantwortlich ist. Denn der Busfahrer müsse hauptsächlich das Verkehrsgeschehen im Auge behalten. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn ein Fahrgast erkennbar schwer behindert ist. In einem solchen Fall müsse sich der Busfahrer vergewissern, dass der Fahrgast einen sicheren Halt gefunden hat.
Schmerzensgeldhöhe von 250 EUR
Das Oberlandesgericht hielt angesichts der durch den Sturz erlittenen Prellungen im Gesicht-, Schulter- und Beckenbereich sowie der sechswöchigen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens ein Schmerzensgeld in Höhe von 250 EUR für angemessen und ausreichend.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.08.2014
Quelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)
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