21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil08.07.2015

Hirnschaden: Krankenhaus haftet zu 100 % für schwere Folgen eines VerkehrsunfallsVerantwortung des Unfall­ve­r­ur­sachers wegen Behand­lungs­fehler des Krankenhauses nachrangig

Das Oberlan­des­ge­richts Oldenburg hat ein Krankenhaus zur Zahlung eines Schmer­zens­geldes in Höhe von 265.000 Euro an den Haft­pflicht­versicherer eines Unfall­ve­r­ur­sachers verurteilt. Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts hatte das Krankenhaus einen schweren Hirnschaden des Patienten zu verantworten, weshalb bei wertender Betrachtung der von der Haft­pflicht­versicherung zu verantwortende Ver­ursachungs­beitrag vollständig hinter dem des beklagten Krankenhauses zurücktritt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls war Haftpflicht­ver­si­cherer eines Pkw, der im April 2009 in einen schweren Unfall verwickelt war. Der Fahrer des Pkw erfasste beim Überholen auf der Landstraße ein entge­gen­kom­mendes Krad. Das Krad kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Dessen Fahrer, ein 42jähriger Mann, erlitt durch den Zusammenstoß eine beidseitige Rippen­se­ri­en­fraktur mit Lungen­quet­schung. Er wurde in das Krankenhaus der Beklagten eingeliefert, sediert und beatmet. Zwei Tage nach Aufnahme in das Krankenhaus kam es zu einem Zwischenfall. Das Beatmungsgerät zeigte eine Störung an. Der hinzugerufene Oberarzt war mit der Situation überfordert und ergriff grob fehlerhaft die falschen Maßnahmen. Dadurch kam es bei dem Kradfahrer zu einem schweren Hirnschaden. Er befindet sich heute im Zustand des Wachkomas. Hoffnung auf Besserung besteht nicht.

Versicherung verlangt Großteil der Schaden­s­er­satzsumme vom Krankenhaus erstattet

Die klagende Haftpflichtversicherung einigte sich mit dem Kradfahrer auf die Zahlung eines Schaden­s­er­satz­be­trages, insbesondere Schmer­zens­geldes in Höhe von 275.000 Euro. Mit der Klage verlangte die Versicherung von dem beklagten Krankenhaus einen Betrag in Höhe von 265.000 Euro zurück. 10.000 Euro wollte sie selber übernehmen. Sie vertrat die Auffassung, dass das Krankenhaus für den Hirnschaden des Kradfahrers allein hafte. Ohne den groben Fehler des Oberarztes würde dieser heute nicht mehr an den Folgen des Unfalls leiden.

LG: Krankenhaus haftet zu 70 % für Hirnschaden des Kradfahrers

Das Landgericht gab der Klägerin nur teilweise Recht und entschied, dass das Krankenhaus zu 70 % für den Hirnschaden des Kradfahrers hafte. Im Übrigen habe die Klägerin für die schweren Folgen einzustehen, da der Unfall den Kradfahrer erst in die gefährliche Beatmungs­si­tuation gebracht habe.

Verur­sa­chungs­beitrag der Klägerin tritt vollständig hinter dem des Krankenhauses zurück

Die Berufung vor dem Oberlan­des­gericht Oldenburg führte zu einer Änderung des landge­richt­lichen Urteils. Das Oberlan­des­gericht entschied, dass das Krankenhaus zu 100 % für den Hirnschaden des Kradfahrers hafte. Dies folge daraus, dass die von dem Versi­che­rungs­nehmer der Klägerin, dem Fahrer des Pkw, zu verantwortenden unmittelbaren Verlet­zungs­folgen (Rippenfraktur und Lungen­quet­schung) im Vergleich zu den von dem beklagten Krankenhaus zu verantwortenden Verlet­zungs­folgen (Hirnschaden) als gering anzusehen seien, weiter daraus, dass das von dem beklagten Krankenhaus zu verantwortende Verhalten in deutlich höherem Maße als der Unfall geeignet gewesen sei, den Hirnschaden des Kradfahrers herbeizuführen. Bei wertender Betrachtung trete der von der Klägerin zu verantwortende Verur­sa­chungs­beitrag vollständig hinter dem des beklagten Krankenhauses zurück.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online

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